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CDU bläst zur Stuck-Offensive

■ Die Große Koalition hat ihren ersten Streit: CDU will den historischen Wiederaufbau der Stadt, SPD hält dagegen

Das Bauressort ist nicht einmal übergeben, da schlägt die CDU bereits ihre neuen Pflöcke ein. Weg mit der „kritischen Rekonstruktion“ der Sozialdemokraten, Vorrang für den historisierenden Wiederaufbau, fordert CDU-Fraktionsgeschäftsführer Volker Liepelt.

Er sorgt damit für Aufregung in den Reihen der SPD. Aufgebracht ist unter anderem der vor seiner Entlassung stehende Senatsbaudirektor Hans Stimmann (SPD). Dem Lieblingsfeind der CDU schaudert es vor einer „nostalgischen Rekonstruktion“ der Stadt: „Das wäre kulturpolitisch der Abstieg in die Provinz.“

„Auf die Wiederherstellung des historischen Berlins ist bisher nicht genügend geachtet worden“, postuliert Liepelt das neue architektonische Ideal der CDU. Der nominierte Bausenator Klemann (CDU) mochte sich vor seiner heutigen Wahl nicht zum Thema äußern. Liepelt versichert jedoch, Klemann teile die Zielsetzung.

Damit ist der Krach in der Großen Koalition programmiert. Der neue Stadtentwicklungssenator Peter Strieder (SPD) ging bereits bei seiner Vorstellungsrede vor der SPD-Fraktion auf Konfrontationskurs zu den christdemokratischen Vergangenheitsfans: „So etwas wird es mit der SPD nicht geben.“ Die „historischen Strukturen der Stadt“ seien zu „bewahren“, dies müsse aber „in einer modernen Architektursprache“ geschehen.

Liepelts Kritik trifft auch den scheidenden Stadtentwicklungssenator Volker Hassemer (CDU). Von „Nachtreten“ durch seinen Parteifreund will Hassemer nicht sprechen. „Berlin macht eine große Modernisierungsanstrengung durch, die nicht nur von der CDU-Fraktion, sondern auch von der Bevölkerung nur ächzend ertragen wird“, umschreibt Hassemer die Kritik aus den eigenen Reihen. „Die Wiederherstellung dessen, was war, ist nicht möglich“, geht Hassemer dennoch auf Distanz zu Liepelt.

Zur ersten Nagelprobe für einen neuen Kurs der CDU wird eine Bauherrenkonferenz am 2. Februar werden. Auf Einladunbg der CDU-Fraktion soll dann mit Bauherren, Investoren und Architekten über das Bild des Pariser Platzes gesprochen werden. Man wolle schauen, „was an Veränderungen noch machbar ist“, formuliert Liepelt das Ziel der Veranstaltung. Die Kritik richtet sich insbesondere gegen die modernen Entwürfe des amerikanischen Architekten Frank Gehry für ein Bankhaus und den Glaspalast von Günter Behnisch für die Akademie der Künste. Liepelt gesteht zu, daß man für Veränderungen der seit Monaten feststehenden Wettbewerbsergebnisse auf das Wohlwollen der Bauherren angewiesen sei.

Als „schädlich für die Stadt“ bezeichnet der Senatsbaudirektor Stimmann auch die Ankündigung von Liepelt, „schwebende Wettbewerbe“ noch einmal zu überprüfen. Dies verunsichere Investoren. Abgeschlossene Wettbewerbsverfahren wie am Alexanderplatz oder Potsdamer Platz seien auch aus rechtlichen Gründen kaum zu wiederholen. „Da fehlt Sachverstand“, sagt Stimmann und spricht von einem „unglaublichen Niveau“. Die städtebaulichen Wettbewerbe für den „Alex“ und den Potsdamer Platz seien außerdem nicht von der Bauverwaltung durchgeführt worden, sondern vom Stadtentwicklungssenator. Die Kritik Liepelts richte sich deswegen gegen Hassemer.

Stimmann betont, er sei bereit, unter einem Bausenator Klemann zu arbeiten. Dies aber wird in der CDU ausgeschlossen. Klemann selbst hat noch nicht mit Stimmann gesprochen. Gerd Nowakowski

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