: CDU-Ziele nur mit einer gesunden Bevölkerung erreichbar
■ Interview mit Horst Ehrlich, Geschäftsführer des Gesundheitspolitischen Arbeitskreises beim CDU-Hauptvorstand
taz: Wie sind Ihre Vorstellungen über die Zukunft des Gesundheitswesens? Was denken Sie über den Erhalt der Polikliniken?
Horst Ehrlich: Rechtsträger der Polikliniken wird die Kommune sein. Die Ärzte arbeiten nach dem Leistungsprinzip oder sie müssen sich selber tragen. Es wird weiter Polikliniken an Kreiskrankenhäusern geben. Große Häuser zum Beispiel vom „Typ Berlin“ sollen nach unseren Vorstellungen Kliniken, eventuell an Universitäten, zugeordnet werden.
Polikliniken zu erhalten - erscheint das nicht utopisch, wenn die ärztlichen Leistungen die Ausgaben der Einrichtungen nur zu 50 Prozent decken können?
Wenn die Regierung steht, können wir dazu mehr aussagen.
25 Prozent der Ärzte in der DDR haben den Wunsch nach Niederlassung geäußert.
Die CDU ist für ein geordnetes Niederlassungsrecht. Wir schlagen vor, daß es verschiedene Möglichkeiten der Niederlassung gibt: Arzthäuser, Gemeinschafts- bzw. Einzelpraxen.
Wird es eine Sperrfrist für Ärzte aus der Bundesrepublik geben, die sich bei uns niederlassen wollen?
Das ist eine sehr gute Frage. Wir haben eine Sperrklausel, das bedeutet im Klartext, daß insbesondere in den Gebieten Randberlins und in Zonenrandgebieten keiner, auch wenn er 200.000 DM einstecken hat, die Möglichkeit hat.
Für welche Zeitspanne gilt die Sperrklausel?
Das kann ich nicht sagen. Wenn ich jetzt zwei Jahre sage, kann sich das morgen schon wieder verändern.
Die Regierung arbeitet mit dem Auftrag ihrer Selbstauflösung. Können dann nicht solche Entscheidungen wie diese Sperrklausel für null und nichtig erklärt werden?
Ich kann vielleicht soviel dazu sagen: Also wir machen diese Sperrklausel. Das Niederlassungsrecht soll aber momentan storniert werden, weil die notwendigen Voraussetzungen wie Ärztekammern, Kassensystem und Gebührenordnung erst aufgebaut werden müssen. Unter zwei Prämissen wird die Genehmigung erteilt: Finanzierbarkeit und es dürfen sich nur ausgebildete Fachärzte niederlassen.
Da haben aber junge Assistenzärzte, deren Fachausbildung erst nach Ablauf der Sperrfrist beendet sein wird, gegenüber westdeutscher Konkurrenz wenig Chancen.
Da müßte man noch eine andere Regel einbauen.
Wie stehen Sie zur Facharztausbildung?
Die kann nicht mehr für die unterschiedlichen Disziplinen einheitlich fünf Jahre dauern. Wie das umgesetzt werden soll, dazu kann ich leider nichts sagen. Die Verhandlungspartner in der Bundesrepublik sagen ja immer, daß - und darüber können wir eigentlich stolz sein - wir sehr gut ausgebildete Fachärzte besitzen.
Wie wird unser Gesundheitswesen auf die Marktwirtschaft reagieren?
Es gilt ganz streng das Leistungsprinzip. Ein Krankenhaus muß auch nicht unbedingt von einem Arzt geleitet werden, sondern von einem subspezialisierten Juristen oder Ökonomen.
Was ist mit Therapien, die nach der westdeutschen Gebührenordnung dem Ärzteteam nichts einbringen, aber gut für den Patienten sind?
Dazu ist hier nichts ausgesagt. Je nach Diagnose wird der Patient auch in Zukunft so betreut, daß er auf schnellstem Wege wieder gesund wird.
Wird an der Prävention, zum Beispiel in der Zahnmedizin Abstriche gemacht?
Der Prävention wird große Aufmerksamkeit gewidmet werden, denn wir können das, was wir uns auf die Fahnen geheftet haben, im breiten demokratischen Konsens nur mit einer gesunden Bevölkerung erreichen.
Woher soll das Geld für die umfangreiche Prophylaxe kommen?
Das weiß ich jetzt nicht.
Wie stellen Sie sich die Verwaltungsreform im Gesundheitswesen vor?
Es kann nicht angehen, daß wir in alten Denkstrukturen weiterarbeiten oder daß wir das nur unter einem anderen Mantel verdecken. Wenn Erneuerung dann radikal.
In den zahlreichen Verbänden und Initiativgruppen haben Ärzte und Schwestern schon recht genau ihre Vorstellungen über die Zukunft ihrer Branche geäußert. Muß darauf nicht reagiert werden?
Haben Sie doch bitte Verständnis. Die Regierungsbildung ist das A und O. Fragen müssen sehr vorsichtig beantwortet werden, um Panik und Verunsicherung zu vermeiden. Da habe ich heute schon zuviel gesagt.
Das Interview führten Tanja Bitt
und Anja Baum
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