CDU-Vize Rüttgers gegen Hartz-IV: Parteinahme für die Arbeitenden
CDU-Vize Rüttgers fordert eine Revision von Hartz IV: Durch die Reform würde das "Leistungsprinzip mit Füßen getreten". Wer mehr eingezahlt habe, solle auch mehr herausbekommen.

Jürgen Rüttgers setzt sich schon länger dafür ein, diejenigen, die gearbeitet haben, im Vergleich zu denjenigen, die nicht arbeiteten, besser zu stellen. Bild: ap
BERLIN taz | Eine "Grundrevision" der Hartz-Gesetze fordert erneut der stellvertretende CDU-Vorsitzende und nordrhein-westfälische Ministerpräsident Jürgen Rüttgers. Der Hauptfehler sei gewesen, dass das Leistungsprinzip "mit Füßen" getreten worden sei, sagte Rüttgers im Gespräch mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.
Wenn jemand lange in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt habe, müsse er mehr herausbekommen als der, der nur kurze Zeit eingezahlt habe.
Rüttgers nannte auch das Beispiel der Alleinerziehenden, von denen mehr als die Hälfte drei Jahre ununterbrochen Leistungen nach Hartz IV beziehen. "Eigentlich sind das ja dann Langzeitarbeitslose. In diese Kategorie gehören sie aber nicht hinein, weil sie dem Arbeitmarkt nur vorübergehend nicht zur Verfügung stehen", sagte Rüttgers. Die Vorschriften der Hartz-Gesetze seien "nicht stimmig".
Zur Revision gehörten laut Rüttgers auch kindgerechte Hartz-IV-Sätze, eine Neuregelung der Unterkunftskosten und Hinzuverdienstmöglichkeiten. Rüttgers schlug auch eine neue Wortwahl vor. Nach einer Revision des Systems "sollte man der Sache auch einen neuen Namen geben". BD
Leser*innenkommentare
Andreas
Gast
Nun eines muss man Rütgers lassen: Zur rechten Zeit setzt er sich als eine Art lieber Sozialreformer in Szene. Leider hat die CDU aber Hartz-IV mitveranstaltet und wollte die härtesten Regelungen da reinschreiben - Regelungen, die selbst Scholz, Müntefering und Schröder als überzogen ablehnten.
Nun will die CDU die soziale Seite herauskehren und mach populistische Vorschläge für kindgerechte Hartz-IV-Sätze.
Die werden allerdings bald vom Bundesverfassungsgericht mindestens in der Richtung vorgegeben. Da wird sich von der CDU keiner hinstellen und das Paket aufschnüren, zumal in einer Debatte die Linkspartei einen Durchmarsch schaffen könnte, denn Hartz-IV floppt. Ausgerechnet in der Vermittung und Qualifizierung funktioniert diese Reform überhaupt nicht. Bei den Sätzen und Auszahlen funktioniert es zu einem sehr großen Teil nicht. Aber die Vermittlung funktioniert überhaupt nicht. Zuletzt wollte SPD-Minister Scholz dennoch 4000 nicht vermittelnde Vermittler einstellen.
Das sind die wirklichen Probleme mit Hartz-IV und dazu sagt Rütgers wohlweislich nichts, weil das ihm nicht gut bekommen würde.
Hartz-IV ist insgesamt einfach der falsche Ansatz. Gerade die mehrfach Finanzierung über indirekte und direkte Steuern und dann noch Beiträge zur Sozialversicherung sorgen für Unmut: Bei Belastungen von fast 50 Prozent kommen Arbeitslose nach nur 12 Monaten auf einen Regelsatz von 351 EURO. Natürlich ist das nicht gerecht.
Aber dafür versprach die SPD (auch Grüne, CUD/CSU und FDP) eine massenhafte Aktivierung von Sozialhilfeempfängern. Die sollten aus der Stütze in den Arbeitsmarkt wechseln, notfalls über 1-EURO-Jobs, Qualifizierung und ein wenig Druck. Nur: Heute machen Leute mit einem Doktor und Berufserfahrung einen 1-EURO-Job (ohne Efolg), Trainingsmaßnahmen floppen massenhaft wegen unterschiedlichen Niveaus und schlechter Konzeption und gerade Sozialhilfemempfänger steigen nicht massenhaft in den ersten Arbeitsmarkt ein. Die sind oft aber finanziell jetzt besser dran.
Bei dieser Reform müsste Rütgers schon mal 1000 genommen werden, damit wirklich was Positives passiert.
Gabriela
Gast
Diese Entschuldigung kommt ein wenig spät. Viele Menschen, die Jahrzehnte in die Staatskassen einbezahlt haben stehen heute vor dem Nichts. Per Gesetz in die verordnete "Armut". Dafür braucht niemand so viel zu arbeiten und auch noch zu bezahlen. Es muss rasch etwas geändert werden. Schon aus Respekt gegenüber den ehemaligen Leistungsträgern.
Hardy Klag
Gast
Hartz IV gehört ganz abgeschafft und durch ein bedingungsloses Grundeinkommen ersetzt. Es ist leider nun mal eine Tatsache hier in Deutschland, das es eine Gruppe von Arbeitslosen gibt, die wegen des Alters und auch unzureichender Qualifikation keinerlei Chancen auf dem Arbeitsmarkt mehr haben. Durch ein bedingungsloses Grundeinkommen, könnte man auch den ganzen Überwachungsaparat für die Bedürtigkeitsprüfungen von den Argen einsparen. Das kostet ja auch eine Menge Geld. Das wäre ein richtiger Schritt. Nicht etwa an Hartz IV rumdoktern, sondern Hartz IV abschaffen.
Juergen K
Gast
Der war schon lange nicht mehr bei Illner.
Oder kucke ich das nur nicht.
Wird CDU TV denn gar nicht zur Pflicht ?
Etwa für alle Hartz4 Empfänger ?!
Morgends anwackeln und dann nis 16.00 Ruettgers TV.
Wär doch mal watt.
Quasi Leidkultur aus erster Hirnzelle.
Hab mir jetzt schomn das Konterfeui von Rüttgers zwischen die Arschbacken tätowieren lassen, und vorne auf die Nuelle den Westerwelle.
Den mach ich jetzt jeden Abend nass.
Hendrik
Gast
Konservative Mittelstandspolitik - wer mehr Leistet, soll auch mehr herausbekommen. Wovon ist es denn abhängig, ob jemand lange in die Arbeitslosenversicherung einzahlen kann oder nicht - von seiner Leistungsbereitschaft oder auch von anderen Faktoren?
Ausserdem geht es hier um eine Versicherung und nicht um ein Sparkonto.
Eser
Gast
Tja.... würde es der Spitzenkandidat der Linkspartei in NRW sagen, wäre es billiger Populismus... vlt gibt es bald eine Koalition CDU/Linkspartei :-)
Martin
Gast
Leistung muss sich wieder lohnen, Herr Rüttgers und liebe FDP, und wer arbeitet sollte mehr bekommen, als wer nicht arbeitet? Rechenaufgabe: wenn mein früherer Chef (Hotelbesitzer)dank der Herabsetzung der MWSt vorsichtig gerechnet täglich rund 500 Euro mehr 'verdient', wieviel müßten die Putzfrauen stündlich verdienen, um - weil sie arbeiten - mehr als der Besitzer zu verdienen (der dort nur Geld kassiert, alles andere dem Pächter überläßt)?
mar
Gast
Wer mehr eingezahlt hat, sollte auch mehr herausbekommen? Wer erklärt Rüttgers endlich mal das Wesen einer Versicherung?!
AuA
Gast
Und dann nennt er es 'Rüttgers 1' und den Leuten gehts schlechter als zuvor. Sag ma, taz, kannst Du sowas auch noch kritisch reflektieren, odda ist das nicht mehr zeitgeistgemäß?
Leistungsträger
Gast
Was bedeutet denn Leistungsprinzip eigentlich?
Der Teufel kackt auf den dicksten Haufen.
Gerecht wäre: alle bekommen genug um ein würdiges Leben führen, egal, wie reich sie vorher waren.
"Redwashing" würde ich das mal nennen, aber der Neoliberalismus steckt tief verankert in Rüttgers Gerede.
Karl der Kleine
Gast
.. Die Idee des Leistungsprinzips ist nicht neu..und richtig angewandt, sicherlich richtig.
Wie sieht es z.B. aus mit dem Leistungsprinzip für Menschen, die ihr Geld an der Börse verdienen ( dafür müssen ja wohl andere "buckeln" )..
Interessant ist ja auch, das man manche Jobs, die wirklich kaum einer machen will, sehr schlecht bezahlt werden, und andere widerum sehr gut.., ..
DAs Leistungsprinzip wird schon seit langem mit Füssen getreten.
Aber nicht von den "Niedriglöhnern", die man ja braucht, -
ich fände es im übrigen auch "lobenswert", wenn Arbeitslose mehr von ihrem selbstverdienten behalten dürften..., damit sich Leistung wirklich lohnt.
...so wie Rüttgers "unterwegs" ist.., wird alles verr. eher schlimmer, denn besser.., er ist halt auf Bauernfängertour.
Michi Hartmann
Gast
Soso, Alleinerziehende sind also Langzeitarbeitslose. Kinder gross zu ziehen ist also keine Arbeit? Danke schön mal wieder...
Axel Winkelströter
Gast
Ja ja... bald ist Wahl in NRW.
Da bekommt Herr Rüttgers plötzlich ein soziales Gewissen. Ein Schelm der böses dabei denkt...