: CDU-Lob für den Herrn Senator
„Das deckt sich mit dem, was ich für richtig halte.“ Nicolas Zimmer, Haushaltsexperte der Unionsfraktion, kann über Sarrazins erste Zahlen nicht meckern. Er sieht darin sogar eine positive Trendwende in der Finanzpolitik des Senats
taz: Herr Zimmer, der neue Finanzsenator spricht von einer Nettoneuverschuldung für dieses Jahr von 6,3 Milliarden Euro. Und verabschiedet sich quasi von dem zuvor formulierten Ziel, ab 2009 ohne neue Kredite auszukommen.
Nicolas Zimmer: Das ist erst einmal beachtlich und überraschend zugleich, denn es ist ein realistischer Ansatz, anders als die von seiner Vorgängerin Christiane Krajewski vorgelegten Zahlen.
Das hört sich an wie CDU-Lob für Sarrazin.
Er hat sich offenbar gegenüber anderen Aussagen bei seinem ersten Auftritt im Hauptausschuss eines Besseren belehren lassen. Insofern ist das schon ein Lob. Ich kann Herrn Sarrazin keinen Vorwurf dafür machen, dass er die Zahlen aufschreibt, wie sie sind.
Da legt also der SPD-Mann Sarrazin Zahlen vor, die auch von einem CDU-geführten Senat kommen könnten?
Die Frage ist natürlich hypothetisch. Aber so wie ich das sehe, deckt sich das zumindest hinsichtlich der Bestandsaufnahme mit dem, was ich für richtig halte, und das hätte wohl von unserer Seite ins Parlament eingebracht werden können.
Kommt das Lob für Sarrazin daher, dass er ausbadet, was ihm eine große Koalition unter CDU-Führung eingebrockt hat?
Ich glaube, dass seit Frau Fugmann-Heesing kreative Buchfühhrung einen hohen Stellenwert hatte. Ich habe das, seit ich im Parlament bin (seit 1998, d. Red.) für abenteuerlich gehalten.
Kreative Buchführung – das ist ein schöner Euphemismus für die Ausgabenpolitik der vergangenen Jahre.
Die Politik dieser Zeit halte ich für richtig, nur die Art, sie im Haushalt abzubilden, war falsch. Deshalb bin ich angesichts der jetzt vorgelegten Zahlen froh darüber, dass das nun anders und realistischer zu sein scheint.
Gar nicht mehr als gänzlich abwegig abgetan wird in diesen Tagen, dass das Land vom Bundesverfassungsgericht einen Haushaltsnotstand feststellen lässt, damit der Bund Geld nachschießen muss. Für Sarrazin ist das noch kein Thema – Berlin müsse erst seine Hausaufgaben machen. Sie sind selbst Jurist: Würden Sie in Karlsruhe klagen?
Einerseits möchte ich als Abgeordneter selbst weiter Einfluss nehmen können, denn dafür bin ich gewählt worden. Andererseits sind wir an einem Punkt angelangt, an dem ein normaler Mensch den Offenbarungseid leisten müsste. Insofern müssen wir die Möglichkeit der Klage durchaus in Betracht ziehen.
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