piwik no script img

■ CDU-Gruppe will Ausländern Einbürgerung erleichternMit angezogener Handbremse

Unerhörtes zeichnet sich ab: Ein gemeinsamer Gesetzentwurf zwischen Teilen der CDU und der FDP zum Staatsangehörigkeitsrecht wäre ein Affront gegen die Hardliner in der CDU und der CSU, die alles beim alten lassen wollen. Es wäre der Versuch mit der Brechstange, nachdem alles Verhandeln, alles Überzeugen, alles Finissieren der letzten Monate nicht gefruchtet hat. Offenbar haben die Reformkräfte in der Koalition eingesehen, daß man vor allem der CSU nicht nur mit Argumenten kommen kann.

Über alle Parteigrenzen hinweg ist man sich einig, daß Ausländer besser integriert werden müssen und daß dafür eine automatische Einbürgerung von in Deutschland geborenen Kindern ein erster wichtiger Schritt ist. Wenn sich an der jetzigen Gesetzeslage nichts änderte, sind auch in Zukunft Millionen, die dauerhaft in Deutschland wohnen, nicht wahlberechtigt, weil nicht deutsch. Dennoch hat sich in den vergangenen Monaten kaum etwas getan. Es scheint, als ob alle vor den Betonköpfen in der CSU resignierten, die auf das Recht des Blutes pochen wie sonst die FDP nur auf die Senkung des Solidaritätszuschlags. Selbst CDU-Fraktionschef Wolfgang Schäuble macht keine Ausnahme. Obwohl er als Anhänger der automatischen Einbürgerung gilt, hat er bisher keine Akzente in diese Richtung gesetzt. Und die SPD hat bisher, anders als die Bündnisgrünen, keinen eigenen Gesetzentwurf auf den Weg gebracht.

Die FDP will nun endlich Ernst machen. Aber es fällt schwer, ihr zu glauben. Seit Jahren schon plädiert sie für die automatische Einbürgerung. Aber schönen Beschlüssen auf Parteitagen hat sie keine ernsthaften Bemühungen folgen lassen.

So blieb das Engagement einer Handvoll junger CDU-Abgeordneter überlassen – die freilich stets Angst zu haben scheinen, den Bogen zu überspannen und damit die eigene Karriere aufs Spiel zu setzen. Bisher ist die zögernde Taktik der jungen Abgeordneten nicht aufgegangen. Der CDU-Bundesvorstand hat nicht einmal sein Versprechen gehalten, sich im ersten Quartal dieses Jahres mit dem Thema Staatsbürgerschaft zu beschäftigen. Und auch jetzt trauen sich die Jungen nicht, öffentlich zuzugeben, daß sie gemeinsam mit der FDP endlich Druck machen wollen. Möglicherweise behält der einwanderungspolitische Sprecher der Grünen, Cem Özdemir, also doch recht mit seiner Einschätzung: „Die spitzen den Mund, pfeifen aber nicht.“ Markus Franz

Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen