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CDU: Erfassungsstelle ausbauen

■ Salzgitter-Report in Magdeburg vorgestellt/ Jeder zweite Staatsanwalt belastet

Magdeburg. Die CDU-Fraktionen aller Landesparlamente der Bundesrepublik Deutschland wollen sich für den Erhalt und den Ausbau der Zentralen Erfassungsstelle Salzgitter einsetzen. Der CDU-Fraktionsvorsitzende im sachsenanhaltinischen Parlament Joachim Auer erklärte das am Montag anläßlich der Vorstellung des „Salzgitter-Reports“ in Magdeburg. Bei Neueinstellungen in der Justiz und Verwaltung sollte nach Ansicht der CDU nicht nur bei der Gauck-Behörde über eine eventuelle Stasi-Vergangenheit nachgefragt werden, sondern auch in Salzgitter über Menschenrechtsverletzungen in der DDR. Die Streichung der Zuschüsse durch die SPD-regierten Bundesländer im Januar 1988, die sich von rund 3.000 bis rund 56.000 Mark beliefen, sollten nach Ansicht der CDU nachgezahlt werden. Die beiden Autoren, Oberstaatsanwalt Heiner Sauer und Geschäftsführer der Erfassungsstelle Hans-Otto Plumeyer, plädierten vor der Presse für ein Mitspracherecht der neuen Bundesländer zu Salzgitter, denn dort säßen die Opfer und Täter. Nach Angaben Sauers sind in der seit dem 18. Januar 1991 als „Zentrale Beweismittel- und Dokumentationsstelle“ fungierende Vorermittlungsbehörde rund 42.000 Straftaten verzeichnet. Die Kartei enthält 80.000 Namen, wovon 70.000 Opfer und 10.000 Täter seien. Jeder zweite der Richter und Staatsanwälte der ehemaligen DDR sei nach den Salzgitter-Akten belastet. Seit 1961 sind dort 6.500 Rechtssprecher namentlich erfaßt worden. Erstmals sind in dem vom Bechtle-Verlag angeregten und herausgebrachten Report alle 197 Todesopfer des DDR-Grenzregimes seit 1961 dokumentiert. „Sie wurden von Minen zerrissen, von Selbstschußanlagen durchsiebt, von fanatisierten DDR-Grenzsoldaten ermordet“, heißt es in dem Einbandtext. Die letzte Eintragung stammt vom 8. März 1989, als der 33jährige Winfried Freudenberg bei einem Fluchtversuch mit einem Ballon über Westberlin tödlich verunglückte. Enthalten sind auch zahlreiche Dokumente mit dem Signet „VS-Vertraulich“, die den Einsatz der Schußwaffe an der Grenze befahlen. Nach Ansicht des Oberstaatsanwaltes Sauer reiche das vorliegende Material „allemal aus für die Einleitung ordentlicher Ermittlungsverfahren“. Nach Ansicht Plumeyers sei dies ein Buch für die Opfer und gegen die Täter, vor allem in den obersten Führungskreisen. Nicht ohne Grund wird die Befürchtung gehegt, daß man wieder „die Kleinen hängen und die Obersten laufen läßt“.

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