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Bushido gegen Corona-LeugnerLive aus der Isolation

Juri Sternburg
Kommentar von Juri Sternburg

Der Rapper Bushido hat sich mit Covid-19 infiziert und meldet sich aus der Quarantäne auf Instagram. Schön spießig und gut kämpferisch.

Aus Schutz vor Viren derzeit nur auf Instagram: Rapper Bushido Foto: Anja Weber

J etzt ist es bald wieder soweit. Scrabble wurde besorgt, ein standesgemäßer Wein-Vorrat angelegt, ein paar gute Bücher gekauft. Worauf es während der zweiten zwangsverordneten Auszeit auch ankommt, ist emotional und intellektuell nicht zu vereinsamen. Was dabei immer hilft: Wholesome Content. Wholesome bedeutet dabei so viel wie gesund und Content steht für „Inhalte, die durch ein Medium ausgedrückt werden“.

Aktuell kommt dieser Wholesome Content von Bushido. Ja genau, der Bushido, der von Springer & Co zum Inbegriff des Gangster-Rapper erklärt wurde. Der Bushido, bei dem die Alarmsirenen in sämtlichen progressiven WG-Küchen von Kiel bis Nürnberg laut schrillen. Der Bushido, der in der Vergangenheit durch seine sexistischen und gewaltverherrlichenden Texte aufgefallen ist. Der Bushido also, der deutschen Rap auf ein neues Level gebracht hat.

Seit einigen Tagen ist genau dieser Bushido in Quarantäne, gemeinsam mit seiner Frau und seinen vier schulpflichtigen Kindern. Der Rapper wurde positiv auf das Corona-Virus getestet und sendet seitdem via Instagram täglich einige Minuten aus der Heimisolation. Und was soll ich sagen: Ich liebe es.

Nicht nur, dass er bei seinen Statements auf angenehm trockene Art und Weise Corona-Nervensägen und hauptberufliche Reichsbürger wie Attila Hildmann und Xavier Naidoo veräppelt, er verlinkt auch fröhlich die Bundeskanzlerin und amüsiert sich über Fans und Follower, die ihm vorwerfen, er würde Geld dafür bekommen, zu behaupten, er habe Covid-19.

Max Mustermann live

Bushido beim Hausaufgaben machen mit den Kids, Bushido auf der Suche nach dem richtigen Putzmittel, Bushido auf der Jagd nach seiner Essenslieferung. Die Spießbürgerlichkeit eines Max Mustermanns wird uns hier live auf die Smartphones gestreamt. Mit seiner vollkommen offen präsentierten Durchschnittlichkeit, ist er der komplette Gegenentwurf zu den schrillen Gestalten, die wir mittlerweile täglich von den wirren Corona-Demos zu sehen bekommen. Die Lautesten werden oft auch am meisten gehört, vor allem wenn sie Quote und Klicks bringen.

Da tut so ein entspannter Bushido mal ganz gut. Einfach ein Typ, der mit seiner Familie in der Wohnung festsitzt und tut, was die meisten von uns tun: Abwarten, dass es mal wieder anders wird. Ob da noch mal ein gutes Album kommen wird, ist ungewiss. Aber für einen 24/7 Livestream aus dem Hause Bushido würde ich durchaus ein paar Euro hinblättern.

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Juri Sternburg
Juri Sternburg, geboren in Berlin-Kreuzberg, ist Autor und Dramatiker. Seine Stücke wurden unter anderem am Maxim Gorki Theater und am Deutschen Theater in Berlin aufgeführt. Seine Novelle "Das Nirvana Baby" ist im Korbinian Verlag erschienen. Neben der TAZ schreibt er für VICE und das JUICE Magazin.  
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10 Kommentare

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  • Spießiger als "progressive WG-Küchen" kann Bushido wohl kaum sein. Nach Corona könnte er ja mal mit Claudia Roth Golf spielen...

  • Bushido ist ein verdammt kluger Geschäftsmann. Von Zeit zu Zeit sieht man ihn in Interviews, in denen er wirklich er selbst, und nicht sein Alterego Gangsta, ist.

  • Erst einmal, Bushido war nie ein Rapper:

    www.youtube.com/watch?v=8HQuXG-5zTo

    Und: Er ist jetzt auch nicht gerade der intellektuelle Überflieger. Säße er nicht in Quarantäne, wer weiß....

    Aber, um so besser, der Mann hat schließlich Einfluss und ich finde es gut, dass er den Dumpfbacken an den Karren fährt. Seine Follower und Fans sehen das auch und bleiben auf dem Gleis der Vernunft.

    • @Jim Hawkins:

      Wahrscheinlich ist das eine mir unbekannte Kunstform, also Ihr Kommentar. Anders kann ich mir nicht erklären, wie man seine Meinung auf ein professionelles Musikvideo stützen kann.



      Außerdem scheinen Sie von Bushido auch nicht viel mehr zu kennen, als es in solchen Videos zu sehen gibt.

      • @Otto Car:

        Irony is over.

        • @Jim Hawkins:

          An welcher Stelle soll diese denn begonnen haben? "Irony off" muss ja heutzutage für alles mögliche herhalten. Oder meinten Sie Iron?

          • @Otto Car:

            Wenn ich nur wüsste, was Sie von mir wollen.

            • @Jim Hawkins:

              Von Ihnen will ich gar nichts.

              Ich wollte lediglich darauf aufmerksam machen, dass Sie hier zur Selbstprofilierung andere als "nicht gerade der intellektuelle Überflieger" diskreditieren und ich das nicht gut finde. Das sollte hier (bei der taz) nicht das übliche Niveau werden.

              • @Otto Car:

                Dafür, dass Sie nichts wollen, machen Sie aber viele Worte.

                Was der eine niveauvoll findet, ist für den anderen Mist. So ist das Leben.

                • @Jim Hawkins:

                  Das ich nichts wollte, habe ich nicht gesagt. Aber dass haben Sie leider nicht verstanden. Sie sind zu viel mit sich selbst beschäftigt, leider oft auf Kosten anderer. Und richtig, das ist Mist.