Bushido-Konzert in Berlin: Heimspiel des Underdogs

Ein authentischer Held der Arbeiterklasse: Der umstrittene Rapper Bushido machte auf seiner Tournee in seiner Heimatstadt Berlin Station.

Kontrovers, aber erfolgreich - zu Bushidos Konzert in Berlin pilgerten 3500 Fans. Bild: dpa

Mehrere Einsatzwagen der Polizei haben vor der Berliner Columbiahalle Position bezogen, als dort "Skandal-Rapper" Bushido zum Heimspiel antritt. Für die Alarmbereitschaft gibt es einen triftigen Grund: Beim Tourstart in Hannover war ein Mann auf die Bühne geklettert und hatte sich auf den Rapper gestürzt, bevor ihn das Security-Personal überwältigen konnte. Seit vergangener Woche haben MTV und Viva seine Videos aus ihrem Programm genommen, ohne nähere Angabe von Gründen. Es könnte nicht besser laufen für Bushido, schließlich lebt er ganz gut vom Image des Bürgerschrecks.

Mit einem Knall tritt der Rapper auf die Bühne, ein Feuerwerk eröffnet die Show. "Hinter dem Horizont" heißt der Song, in dem sich Bushido auf bewährte Weise an all seine Kritiker richtet: "Scheiß drauf, dass ihr mich jetzt verbieten wollt", tönt er, denn "ich bringe Terror in die Köpfe eurer Kinder". Aber: "wir bleiben böse Jungs ohne Bildung ohne nichts", und das sei auch gut so.

Es ist diese Pose trotziger Selbstbehauptung, die bei seinen Fans gut ankommt. Bushido pflegt sie wie kein Zweiter, und das mit Erfolg: In diesem Jahr hat er fast alle deutschen Musikpreise abgeräumt, vom Echo bis zum MTV-Award als bester deutscher Künstler. Nun glaubt er, auch ohne Musik-TV auskommen zu können - "Fernseher könnt ihr jetzt wegschmeißen" -, und verweist auf seine MySpace-Seite.

3.500 sind in die Konzerthalle an der Grenze zu Bushidos Heimatbezirk Tempelhof gepilgert, der Saal platzt aus allen Nähten. Es ist ein junges, gemischtes Publikum, mehrheitlich ohne "Migrationshintergrund". Viele tragen Basecaps mit dem fernöstlich anmutenden Bushido-Logo oder T-Shirts, auf denen in Frakturschrift "ersguterjunge" prangt, der Name seines Labels. Keine Frage, der 29-jährige Deutsch-Tunesier ist eine Identifikationsfigur für viele, die zwischen Realschul-Abschluss und Azubidasein, zwischen Sonnenbank und Fitnessstudio nach einem Lebenssinn suchen. Anders gesagt: Bushido ist die Stimme der Unterschicht.

Die Mittelschicht rümpft gerne die Nase über so viel Vulgarität. Aber seine vielen Kritiker nehmen Bushido auch viel ernster, als dieser sich selbst nimmt. Auf der Bühne witzelt er über sein Bad-Boy-Image. Auf den Homophobie-Vorwurf spielt er an, indem er Berlin mehr als einmal als "Stadt mit den schönsten Männern" preist, und seine "Alles Schlampen außer Mutti"-Attitüde ist auch nicht ganz frei von Selbstironie. "Ich soll euch von meiner Mama grüßen", richtet er dem Publikum aus, "sie sagt, ihr seid voll korrekt."

Das ist alles von so ausgesuchter Harmlosigkeit, dass man sich fragt, worauf sein Ruf eigentlich beruht. Doch Bushido spricht in seinen Songs durchaus ernste Themen an - Freundschaft, Tod, eine Kindheit im Heim oder das Aufwachsen ohne Vater. Seine an Pathos reichen Moritaten über Drogenmissbrauch und Knastkarrieren mögen dick aufgetragen sein, die Outlaw-Romantik etwas aufgesetzt: "Wir sind genau die Typen, vor denen euch eure Eltern gewarnt haben." Aber in seiner Rolle als "Bushido, allein gegen den Rest der Welt" wirkt er durchaus überzeugend. Die Liste seiner aktuellen Feinde ist lang: Bei seinem Konzert in Berlin schimpft er ausgiebig über Boulevardblätter wie Bild und die lokale B.Z. sowie seine alte Plattenfirma Universal, er lästert über Germanistik-Studentinnen und "Typen, die in Büros rumsitzen".

Die Figur des Underdogs, der sich von übermächtigen Gegnern nicht unterkriegen lässt und es allen zeigt, ist eine klassische Rolle. Das macht Bushido, neben Namen wie Rocky, Charles Bronson, Bruce Lee oder Clint Eastwood, zu einem authentischen Helden der Arbeiterklasse.

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