piwik no script img

Bush will Gunst der Stunde nutzen

■ US-Präsident verlangt erhebliche Strafverschärfungen und erweiterte Anwendung der Todestrafe

Washington/Berlin (wps/taz) — Unter Ausnutzung seiner durch den schnellen Sieg am Golf erlangten Popularität versucht US-Präsident Bush, von der demokratischen Kongreßmehrheit bereits seit zwei Jahren immer wieder abgelehnte Verschärfungen des Strafrechts durchzusetzen. Amerika müsse sich jetzt „hinter seine Staatsanwälte und Polizisten stellen“, so wie sich „die Nation hinter die Soldaten am Golf gestellt“ habe. Diese hätten es „verdient“, in ein „sicheres Amerika zurückzukehren“. Mit diesen Worten legte Bush am Montag einen Gesetzentwurf erneut vor, durch den die Möglichkeiten zur Verhängung der Todesstrafe oder langer Haftstrafen erweitert werden soll. Die Demokraten im Kongreß, die als Bedingung für ihre Zustimmung u.a. — von Bush nicht vorgesehene — striktere Waffengesetze verlangen, reagierten zunächst wenig beeindruckt.

Derzeit ist die Todestrafe für zwölf Verbrechen vorgesehen und zwar ausschließlich in den Bundesstaaten, in denen sie nach ihrer bundesweiten Abschaffung im Jahre 1972 wieder eingeführt wurde. 31 weitere Verbrechen, für die bislang Haftstrafen vorgesehen sind, sollen nach Vorstellung des Präsidenten künftig mit dem elektrischen Stuhl oder anderen Formen der Hinrichtung geahndet werden. Darunter fallen 18 Verletzungen der Bundesgesetze wie Hochverrat, Spionage, Terrormorde oder die Tötung von Geiseln auf die nach Urteilen des Obersten Gerichtshofes die Todesstrafe bislang nicht angewandt werden darf. Der Präsident will auch die Möglichkeiten von Todesdeliquenten zu aufschiebenden Einsprüchen verringern. Nach Bushs Vorstellungen sollen künftig auch durch gesetzeswidrige Methoden gewonnene Beweisstücke bei „gutgläubigem Handeln“ der Ermittlungsbehörden nicht mehr zur Einstellung von Strafverfahren führen.

„Das Verbrechenspaket des Präsidenten enthält nichts, was nicht schon während der jahrelangen Bemühungen um mehr Härte versucht worden wäre und durchgefallen ist“, erklärte der demokratische Abgeordnete John Conyers. Die Demokraten im Kongreß machen ihre Zustimmung von einem gleichzeitigen Verbot für die Einfuhr und Herstellung halbautomatischer Waffen abhängig. Außerdem verlangen sie die Einführung einer Wartezeit von sieben Tagen beim Kauf von Waffen zwecks polizeilicher Überprüfung des Käufers. Dies ist von den unter starkem Einfluß der „National Rifle Association“ stehenden Republikanern bislang immer abgelehnt worden. Einige Demokraten stehen den Strafverschärfungsabichten Bushs in der Sache jedoch durchaus positiv gegenüber. Andreas Zumach

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen