Bush trotzt China: Der Dalai Lama im Weißen Haus
Trotz Warnungen aus Peking trifft nach Bundeskanzlerin Angela Merkel nun auch US-Präsident Bush das geistige Oberhaupt der Tibeter. Und zwar im Weißen Haus.
WASHINGTON ap/afp Trotz scharfer Proteste der chinesischen Regierung hat US-Präsident George W. Bush den Dalai Lama zu einer privaten Begegnung im Weißen Haus empfangen. Am Mittwoch folgt eine offizielle Feierstunde im Kongress, bei der das geistliche Oberhaupt der Tibeter die Goldmedaille des Parlaments erhält. China hat das Treffen scharf verurteilt. Es sei eine unangebrachte Einmischung in innere Angelegenheiten gewesen, die man den USA sehr übel nehme, sagte der Sprecher des Außenministeriums, Liu Jianchai nach Berichten der staatlichen Nachrichtenagentur Xinhua. "Wir haben die USA dringend gebeten, dieses Fehlverhalten zu korrigieren und jegliche Einmischung in die inneren Angelegenheiten Chinas zu beenden."
Der US-Kongress will den Dalai Lama für seine "herausragenden Beiträge zum Frieden, zur Gewaltfreiheit sowie für Menschenrechte und religiöse Verständigung" ehren. Die Auszeichnung haben bereits der ehemalige südafrikanische Präsident Nelson Mandela, der frühere Papst Johannes Paul II. und der britische Expremierminister Tony Blair erhalten.
Die für heute nachmittag geplante Auszeichnung werde einen Schatten über das Verhältnis zwischen Peking und den USA werfen, schreibt die staatliche Zeitung China Daily. Sie warnte Washington deswegen vor einer Verschlechterung der bilateralen Beziehungen.
Nach der privaten Unterredung mit Bush am Dienstag wischte der Dalai Lama die chinesischen Proteste beiseite. Das mache die Regierung in Peking ständig, sagte er vor seinem Hotel in Washington zu Journalisten. Er habe mit Bush über die Lage in Tibet gesprochen und dem Präsidenten dafür gedankt, dass er sich um Tibet kümmere. Die Medien waren von dem Treffen ausgeschlossen. Das Präsidialamt entschied auch entgegen sonstiger Gepflogenheit, keine Fotos von der Begegnung zu veröffentlichen.
Der chinesische Außenminister Yang Jiechi hatte die USA zuvor aufgefordert, die Veranstaltungen mit dem Dalai Lama unbedingt abzusagen. Ein für Mittwoch geplantes Berliner Treffen der fünf Vetomächte im UN-Sicherheitsrat und Deutschlands zwecks Beratungen über das iranische Atomprogramm wurde nach US-Angaben verschoben, weil China seine Teilnahme aufkündigte. Peking hatte bereits heftig auf den Empfang des Dalai Lama im Kanzleramt vor gut drei Wochen reagiert.
China hat Tibet 1950 besetzt und betrachtet es als Teil seines Territoriums. Der Dalai Lama, das geistliche Oberhaupt der tibetischen Buddhisten, ging damals ins Exil. Der Friedensnobelpreisträger von 1989 fordert keine Unabhängigkeit für Tibet, tritt aber für eine "wirkliche Autonomie" ein. Der Regierung in Peking ist jedoch jeder Empfang des Dalai Lama von internationalen Staats- und Regierungschefs ein Dorn im Auge.
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