: Bush im Gegenwind
VON RUTH STREICHER
US-Präsident George W. Bush ist mit seinen Plänen zur Verschärfung der Vorschriften bei Verhören von mutmaßlichen Terroristen auf Widerstand im Kongress gestoßen. Der Streitkräfteausschuss des Senats stimmte am Donnerstag (Ortszeit) mit 15 zu 9 Stimmen gegen Bushs Gesetzesvorlage. Damit verweigerten vier republikanische Senatoren die Zustimmung zu den Plänen ihres Parteigenossen und stimmten mit den oppositionellen Demokraten für einen alternativen Gesetzesentwurf, der eine strikte Festschreibung des Folterverbots beinhaltet.
Das Weiße Haus reagierte mit der Vorlage auf ein Urteil des Obersten Gerichtshofes vom Juni. Darin hatte der Supreme Court erklärt, die geplante Aburteilung von Terrorverdächtigen aus dem Gefangenenlager in Guantánamo Bay durch Militärtribunale sei illegal und verstoße gegen die Genfer Konventionen. Bush deutete dieses Urteil so, dass das Gericht seine Pläne grundsätzlich für angemessen erklärt und lediglich nach der Zustimmung des Kongresses verlangt hätte.
Der Streitkräfteausschuss sprach sich zwar grundsätzlich für die geplanten Militärtribunale aus, kritisierte aber entscheidende Details des Bush-Entwurfs. Konkret dreht sich der Streit um die darin vorgesehene Lockerung von Artikel 3 der Genfer Konventionen, der eine menschenwürdige Behandlung der Gefangenen vorschreibt und die Anwendung von Folter und Gewalt verbietet. Bush setzt sich für verschärfte Verhörmethoden in den geplanten Militärtribunalen ein, die laut Angaben von Menschenrechtsorganisationen und Anwälten gegen die völkerrechtlichen Mindeststandards verstoßen würden. Um die zuständigen US-Beamten vor einer Verfolgung wegen Kriegsverbrechen zu schützen, soll auch neu bestimmt werden, welche Taten als Kriegsverbrechen gelten. Des Weiteren will die US-Regierung unter Zwang zustande gekommene Aussagen vor Gericht zulassen und den Angeklagten als geheim eingestufte Beweismittel vorenthalten.
Der innerparteiliche Widerstand wird angeführt von Senator John McCain, der sich seit Jahren gegen Folterpraktiken im US-Gewahrsam einsetzt. Auf McCains Seite befinden sich John W. Warner, Vorsitzender des Streitkräfteausschusses, sowie Lindsey Graham und Susan Collins. Die Rebellen argumentieren, die Vorlage Bushs strebe eine Neudefinition der Genfer Konventionen an und wolle die unmenschliche Behandlung von Gefangenen legitimieren. Auch könne bei einer solchen Neuregelung der völkerrechtliche Schutz künftiger US-Gefangener nicht mehr garantiert werden.
Der ehemalige US-Außenminister Colin Powell unterstützte das Quartett durch einen offenen Brief an Senator McCain. „Die Welt beginnt, an der moralischen Grundlage unseres Kampfes gegen den Terrorismus zu zweifeln“, schrieb Powell darin und äußerte sich besorgt über die Absichten der US-Regierung. Powells Äußerungen wurden veröffentlicht, als Bush dem Kongress einen außerordentlichen Besuch abstattete, um sich für seine Gesetzesvorlage einzusetzen. „Sollte es keine Einigung geben, wird das amerikanische Volk gefährdet “, drohte der Präsident.
Nach Ansicht von Beobachtern deutet das Scheitern der Vorlage im Streitkräfteausschuss darauf hin, dass Bushs Pläne nun auch im von Republikanern dominierten Senat auf Widerstand stoßen könnten. Dem Kongress bleiben für eine Entscheidung vor der Pause im Zuge der Wahlen im November nur noch zwei Wochen Zeit. Um Streitigkeiten im Wahlkampf zu vermeiden, ist laut Experten nicht auszuschließen, dass Bush seine Gesetzesvorhaben auf die Zeit nach den Wahlen verschiebt. (mit afp, ap)
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