: Bush: „Ich werde Kuwait befreien“
■ Militante Worte aus Washington nach Treffen mit Emir von Kuwait/ Heute spricht Bush vor der UNO/ Briten wollen angeblich Atomwaffen einsetzen/ Steht Nahost-Initiative der UNO bevor?
Washington (dpa/afp) — „Kuwaits Souveränität und territoriale Unverletztlichkeit werden wiederhergestellt.“ Mit diesem Satz gab US-Präsident Bush am Freitag abend unmißverständlich seine Absichten gegenüber dem Irak zu verstehen. Nach einem Treffen mit dem vertriebenen Emir von Kuwait sagte er, man werde keine Möglichkeit ausschließen, um die Befreiung Kuwaits zu erringen. Der Sicherheitsberater des Präsidenten, Brent Scowcroft, wurde deutlicher: Die „systematische Zerstörung“ des besetzten Kuwait beeinträchtige den „Zeitplan“ für wirtschaftliche Sanktionen, der eigentlich den Rückzug des Irak herbeiführen sollte.
In seiner heutigen Rede vor der UNO-Vollversammlung will George Bush keine neuerlichen Sanktionen verlangen, sondern sich auf die Antwort der internationalen Gemeinschaft auf die Aggression gegen Kuwait konzentrieren. „Überraschungen“ seien dabei zu erwarten, hieß es am Sonntag. „In naher Zukunft“ erwartet die US-Regierung außerdem vom Irak unterstützte Terroranschläge in Europa und dem Nahen Osten. Es gebe dafür „zunehmende Hinweise“, erklärte das US- Außenministerium.
Ein Grund für die wachsende Bereitschaft der USA, einen militärischen Erstschlag gegen Irak zu führen, sind Berichte des amerikanischen Geheimdienstes über ein beachtliches irakisches Arsenal an biologischen Waffen. Die 'Washington Post‘ schrieb am Samstag, die am Golf stationierten Truppen seien zwar ausreichend gegen einen Chemieangriff geschützt, jedoch nicht gegen einen biologischen Angriff.
Der Vorsitzende des Streitkräfteausschusses des amerikanischen Repräsentantenhauses, Lee Aspin, sagte, Gespräche zwischen Regierung und Kongreß hätten ergeben, daß die „Regierung der Möglichkeit eines frühen Krieges nun positiver gegenübersteht“. Mit der Zeit könnte es angesichts der Ansiedlung von Irakern im besetzten Emirat „kein Kuwait mehr geben, für das es sich zu kämpfen lohnte“.
Wie Belgiens Außenminister Marc Eyskens am Samstag erklärte, bereiten sich die meisten Staaten der EG darauf vor, ihre Botschaften in Kuwait zu schließen. „Es ist ziemlich wahrscheinlich, daß die kommende Woche die letzte sein wird“, sagte er.
Der internationale Truppenaufmarsch in der Golfregion ging am Wochenende unvermindert weiter. Die USA haben mittlerweile 165.000 Soldaten in die Golfregion entsandt. Frankreich entsendet insgesamt 13.000 Mann, die Zahl der ägyptischen Truppen liegt inzwischen bei etwa 12.500. Großbritannien begann am Wochenende mit der Verlegung von rund 9.000 Soldaten und schwerem Gerät aus England und Deutschland an den Golf. Einheiten der britischen Rhein-Armee werden unter anderem von Emden und Bremerhaven aus verschifft. Einem Bericht der britischen Sonntagszeitung 'Observer‘ zufolge, der sich auf einen in Bremerhaven eingeschifften britischen Offizier berief, sind die britischen Truppen in der Golfregion bereit, Atomwaffen einzusetzen, wenn sie vom Irak mit Giftgas angegriffen werden. In Jerusalem erklärte Armeechef Dan Shomron indessen, Israel werde die Aufforderung der USA, in der Golfkrise Zurückhaltung zu üben, ignorieren, wenn es sich unmittelbar bedroht fühle. Der irakische Handelsminister Mehdi Saleh hat unterdessen in Abrede gestellt, daß sein Land Ausländern Lebensmittel vorenthalten wolle. Die Ausländer hätten dasselbe Recht auf Lebensmittelkarten wie Iraker, sagte er. Das Außenministerium der USA hatte zuvor erklärt, man erwarte die Einstellung der Lebensmittelzuteilungen für Ausländer zu Beginn der kommenden Woche und würde dies als „aggressiven Akt“ betrachten.
Die Sowjetunion wäre bereit, mit einem UNO-Mandat versehene Truppen an den Golf zu entsenden, erklärte Außenminister Schewardnadse am Samstag. Belgiens Verteidigungsminister Guy Coeme meinte am Sonntag, daß „die Entsendung von Truppen für die UNO-Mitgliedsländer obligatorisch wird, wenn die Organisation so beschließt“. Am Freitag hatte Chinas Außenminister Qian Qichan vor der UNO-Vollversammlung zu friedlichen Anstrengungen zur Lösung der Krise aufgerufen.
Die fünf Ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrates haben inzwischen eine von den Ratsmitgliedern Kuba, Jemen, Kolumbien und Malaysia vorgeschlagene Vermittlungsreise von UNO-Generalsekretär Perez de Cuellar nach Bagdad abgelehnt. In einem Kommuniqué sprachen sie sich jedoch für einen „aktiven Verhandlungsprozeß, an dem alle relevanten Parteien teilnehmen“, aus. Bei Verhandlungen müsse von vornherein das Recht Israels wie auch der anderen Staaten der Region auf Sicherheit ebenso bekräftigt werden, wie der legitime Anspruch des palästinensischen Volkes auf einen eigenen Staat.
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