: »Buschleute« werben für Computer
■ Antirassistische Initiative ging mit Erfolg gegen rassistisches Plakat vor
Über die Werbung gibt es viele Meinungen. Nicht zu bestreiten ist aber, daß Werbung häufig mit Klischees arbeitet, indem sie überzogene, oftmals abgedroschene Stigmata von Völkergruppen benutzt: Wer ist der oberflächliche Karrierist oder der abenteuerlustige Cowboy? Der Amerikaner! Wer ist ein spiritueller Feingeist oder eine gnadenlose Kampfmaschine? Der Asiat! Und wer spielt immer auf Bongos im Busch? Natürlich der Afrikaner.
Wir nehmen diese Botschaften gelangweilt hin, kennen das alles in- und auswendig. Manchmal stutzt aber doch jemand. Noch seltener beschwert sich einer — wie die Antirassistische Initiative e.V. Berlin, die auf eine Anzeige der Computerfirma »Wemtex« reagierte. Die ganzseitige Werbung für die gemeinsame Ausstellung von Wemtex (die Computer) und 'adn‘ (das Bildmaterial): Von der Trommel zum Computer zeigt auf einem großen Foto vier halbnackte »Buschleute«, die um eine Trommel herum versammelt sind. Im Text darunter versprechen Wemtex und 'adn‘, daß der Ausstellungsbesucher »einen Jahrhundertschritt technischen Fortschritts nachvollziehen« könne.
»Das entspricht dem typischen Bild von den rückständigen unzivilisierten Schwarzen im Urwald, das der hochentwickelten weißen High-Tech-Kultur gegenübergestellt wird.
Diese Metapher wurde schon zu Kolonialzeiten benutzt«, erklärte Initiativenmitglied Andreas am Dienstag abend beim »Go-In« in den Ausstellungsräumen in der Schönhauser Allee.
Den überraschten Geschäftsführer, Udo Pfannerstill, schien dieser Angriff zu überfordern. Daß jemand das Bild rassistisch finden könnte, daran habe man gar nicht gedacht, gab er in seiner Verwirrung zu. Seiner Meinung nach handelt es sich bei dem Foto um ein 60 Jahre altes, historisches Dokument, das 'adn‘ für die Ausstellung ausgewählt hatte. Aber er hielt auch daran fest, daß das Bild für ihn nichts mit Rassismus zu tun habe.
Auch die 'Berliner Zeitung‘, die die Anzeige am 15. Februar »ohne Bedenken« abgedruckt hatte, fand nichts Rassistisches an dem Foto.
Trotz der Uneinigkeit über die Bewertung wurde der Stein des Anstoßes in den Ausstellungsräumen der Computerfirma abgehängt. Und man will laut Wemtex- Pressereferent Martin mit der Initiative weiter über Rassismus diskutieren, zumal »dies ist ein ernsthaftes Thema« sei. Sonja Striegl
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen