■ Mit Lebensmittelstoffen auf du und du: Bunte Allergieauslöser
Berlin (taz) – Der vierjährige Otto hat eine Schale Obst aus der Dose vertilgt. Jetzt springt der ansonsten ruhige Knabe schon seit einer halben Stunde auf dem Küchentisch herum. Seine Schwester Thea hingegen hat seit dem Mittagsmahl rote Flecken im Gesicht. Dabei sah alles so appetitlich aus, wundert sich der Vater. „Siehst du, jetzt hast du ein schlechtes Gewissen“, tönt eine Stimme aus dem Off. „Hättest du bei allen Lebensmitteln auf die Zusatzstoffe geachtet, wär das nicht passiert.“ Hier ist das Über-Ich des Vaters zu streng. Denn selbst wenn er die Verpackungen aller Zutaten sorgfältig studiert hätte, wären ihm einige mögliche Auslöser von Allergie, Hyperaktivität, Asthma und Übelkeit nicht präsentiert worden.
Schon heute kommen 300 Zusatzstoffe auf deutsche Eßtische. Künftig werden es noch weitaus mehr sein: Eine EU- Richtlinie macht die neue Vielfalt möglich. Auch in den letzten Jahren aus Deutschland verbannte Chemikalien feiern ein Comeback. Offiziell sind die Verdicker, Farbpulver und Geschmacksverstärker ungefährlich; schließlich mußten sie mehrere Untersuchungen bestehen.
Zweifler aber weisen darauf hin, daß nicht alle Ergebnisse von Tierversuchen auf den Menschen übertragbar sind – was auch die Verwender nicht leugnen werden. Schließlich können sich Hunde und Katzen beispielsweise schon mit kleinen Mengen Benzoesäure ins Jenseits fressen. Bei Menschen hingegen löst der Konservierungsstoff, der häufig Käse, Fleisch, Getränken und Brot beigemischt ist, lediglich Allergien aus. Wenn der Produzent allerdings auch noch Ascorbinsäure dazugemixt hat, wird es auch für die menschlichen Konsumenten langfristig gefährlich: Dann hat er nämlich einen krebserregenden Benzolcocktail auf seinem Teller.
Dabei dürfen Zusatzstoffe laut Gesetz nur dann verwendet werden, wenn es für sie eine „technologische Notwendigkeit“ gibt. Warum aber muß ein Vanillepudding knallgelb sein? fragt die Verbraucherinitiative, die die bedenklichen Künste der Ernährungsindustrie in einem Merkblatt aufgelistet hat. Auch die Verwendung von Geschmacksverstärkern, die einen höheren Fruchtanteil vorgaukeln oder den Geschmack angefaulter Zutaten unterdrücken, sei nicht im Interesse der Konsumenten. Der Verbraucherverband rät deshalb: möglichst viel Frisches und möglichst wenig kaloriengeminderte Light- Produkte. Annette Jensen
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