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Bundesweite Proteste gegen AtomkraftSperrzone für Castorgegner

Rund 20.000 Menschen protestieren beim bundesweiten Streckenaktionstag gegen Atomtransporte. Im Wendland schränkt die Polizei das Demonstrationsrecht ein.

Maulkorb für Castor-Proteste: Während des Transports muss entlang der Schienen ein Korridor frei bleiben. Bild: dpa

Mit Demonstrationen, Sitzblockaden und "Schotter"-Trainings haben am Wochenende beim "Streckenaktionstag" bis zu 20.000 Menschen in ganz Deutschland gegen die anstehenden Atommülltransporte ins niedersächsische Gorleben protestiert. An rund 120 Orten entlang der geplanten Castor-Transportstrecke demonstrierten sie gegen die Atompolitik der Bundesregierung und mobilisierten für das erste Novemberwochenende.

Dann wird im Wendland der zwölfte Transport mit hochradioaktivem Atommüll aus der französischen Wiederaufbereitungsanlage La Hague erwartet. Atomkraftgegner rechnen mit bis zu 50.000 Demonstrierenden. Mindestens 16.500 Polizisten werden im Einsatz sein.

In Hannover, Berlin, am Kernforschungszentrum Jülich sowie an verschiedenen Kraftwerkstandorten wie im südhessischen Biblis gingen Menschen gegen die von der Bundesregierung beschlossene Verlängerung der Kraftwerkslaufzeiten um durchschnittlich zwölf Jahre auf die Straßen und Schienen.

In zahlreichen deutschen Städten fanden Aktionstrainings statt, um auf Sitzblockaden und das Untergraben des Gleisbetts unter dem Motto "Castor? Schottern!" vorzubereiten. Gegen die Kampagne wird staatsanwaltschaftlich ermittelt. In Göttingen hat die Polizei zuletzt Flyer beschlagnahmt, weil diese laut Staatsanwaltschaft einen Aufruf zu einer Straftat darstellten.

Unterdessen hat die Polizeidirektion Lüneburg in einer amtlichen Bekanntmachung das Demonstrationsrecht im Wendland für die Zeit des Castor-Transportes eingeschränkt. Demnach sind ab dem 6. November sämtliche unangemeldeten öffentliche Versammlungen und ab dem 7. November bis spätestens 16. November sogar sämtliche Versammlungen entlang der vorgesehenen Transportstrecke nur begrenzt erlaubt. In einem Korridor von 50 Metern beiderseits der Strecke dürfen in dieser Zeit weder Demonstrationen noch sonstige Versammlungen stattfinden.

"Die Verbote", so die polizeiliche Bekanntmachung, "treten spätestens außer Kraft, sobald der Castor-Transport vollständig in das umzäunte Gelände des Zwischenlagers eingefahren ist." Genau das wollen die Atomkraftgegner durch angekündigte Sitzblockaden möglichst lange hinauszögern.

In der Begründung für die Maßnahme heißt es: "In der Breite ergibt sich der notwendige Bereich des Versammlungsverbotes aus der Reichweite der zu erwartenden Wurfgeschosse einerseits und der Notwendigkeit, mit Polizeikräften räumlich im Umfeld der Transportstrecke, an Hindernissen vorbei, ohne zeitraubende Auflösung etwaiger Demonstrationen schnell auf gewalttätige Störer zu- und eingehen zu können."

Die Sprecherin der atomkritischen Initiative X-tausendmal quer, Luise Neumann-Cosel, sagte dazu: "Wo Gesetze nur noch unter Umgehung der Demokratie durchsetzbar sind, muss die Politik einlenken: Wir fordern die Kanzlerin und ihre Regierung auf, ihre Atompläne sofort zu beerdigen."

Die Polizei spricht auch der Politik selbst eine Mobilisierungswirkung zu: "Unter dem Eindruck der Wiederaufnahme der Erkundungsarbeiten und der beschlossenen Laufzeitverlängerung für Kernkraftwerke", so heißt es in der Begründung der Bekanntmachung, sei mit "einer deutlich größeren Beteiligung an den Protesten zu rechnen."

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5 Kommentare

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  • F
    Flo

    @Slobo: Da muss ich dich mal Fragen, hast du schonmal 20.000+ Polizisten und Bundeswehr auf so engem Raum gesehen?

    Die machen Hackfleisch aus uns! Jede unangemeldete Versammlung ist auch nur noch begrenzt erlaubt. Und nach Stuttgart haben sie ja jetzt auch die Legitimation mal den Knüppel etwas fester anzupacken.... ist ja dann nicht mehr neu.

     

    50.000 Demonstranten hört sich jetzt ganz toll an, aber mal ehrlich, wieviele sind da denn der harte Kern und blockiert? Vielleicht 2000? Gegen 20.000?

     

    Naja werd trotzdem hinfahren, man sieht sich im Camp.

    MsG Flo

  • M
    MITSORG

    Ich bin momentan leider im Ausland und leiste in Afrika meinen Zivildienst ab, aber ich will allen meine Unterstützung und Solidarität kundtun die sich gegen die Atom-Politik unserer verantwortungslosen Regierung stellen - egal wie! Ich hoffe dass das Volk sich aufrafft und erkennt, dass es eigentlich doch die Macht haben sollte!

  • ON
    Otto Normal

    "Gleise untergraben" da fragt man sich "wie verstrahlt" muss man sein!!? Protest? OK bin ich einverstanden und untestütze ich auch, aber das geht gar nicht. Wahrscheinlich ist die Polizei dann Schuld wenn was passiert. So wie als wenn der Iran eine Atombombe auf Israel abwirft - Israel Schuld ist - schließlich hat Israel den Iran mit der Anwesenheit Ihres Staates ja provoziert. Boar, ich reg mich auf.

  • OO
    Onkel O

    Wie heißt es noch so treffend:

     

    "Wo Recht zu Unrecht wird, wird Widerstand zur Pflicht!"

     

    Was Merkel und ihre Atomschergen hier anrichten und für Tausende von Jahren unseren Nachkommen eine weiter verschärfte, strahlende Zukunft beschert, kann nicht einfach so hingenommen werden!

    Diese Regierung mit höchst kriminellen Mafiastrukturen muß schnellstens zur Verantwortung gezogen werden!

  • S
    Slobo

    Einschränkung der Versammlungsfreiheit...das klingt nach einem totalitärem Regime. Mit Demokratie hat das jedenfalls nichts zu tun. Die Polizei/der Staat hat eh nur Angst vor einer Blamage: 20.000 Polizisten sehen gegen 50.000+ Demonstranten alt aus :D

     

    Schon traurig, dass es in Deutschland so schlecht um die Meinungsfreiheit steht.