Bundesweite Netzgesellschaft geplant: Alle Stromnetze bald in einer Hand
Umweltminister Gabriel kündigt Vorstoß für einheitliche Netzgesellschaft an. Das Interesse bei Investoren und Solarfirmen ist groß. SPD fordert aber einen 25-Prozent-Anteil für den Staat.
BERLIN taz Die Bundesregierung trifft konkrete Vorbereitungen für die Schaffung einer bundesweiten Netzgesellschaft, die die Stromnetze aller deutscher Versorger übernehmen soll. Das Kabinett werde das Thema in den nächsten Wochen auf die Tagesordnung setzen, sagte Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) bei einer Energiekonferenz in Berlin. Die Stromnetzbetreiber Eon und Vattenfall haben auf Druck der EU-Kommission bereits angekündigt, sich von ihren Fernleitungsnetzen zu trennen. Dem Verkauf könne die Regierung "nicht tatenlos zusehen", sagte Gabriel. "Das Stromnetz ist die Hauptschlagader der Energieversorgung."
Mit Eon und Vattenfall sowie den bisher nicht verkaufswilligen Unternehmen EnBW und RWE sollen nach Informationen aus regierungsnahen Kreisen schon in den nächsten Tagen Gespräche aufgenommen werden. Als Moderator ist unter anderem der ehemalige Wirtschaftsminister und RAG-Manager Werner Müller im Gespräch.
Offen ist bisher, ob sich der Staat selbst an den Netzen beteiligen würde. Aus der SPD-Fraktion kommt die Forderung, dass die Regierung eine qualifizierte Minderheit von 25,1 Prozent erwerben sollte. "Die Versorgung mit Strom ist Teil der Daseinsvorsorge, und die Netze sind ein natürliches Monopol", sagte Fraktionsvize Ulrich Kelber. Dafür wäre ein niedriger einstelliger Milliardenbetrag notwendig. Auch Gabriel sprach sich durch einen Vergleich des Stromnetzes mit dem Schienennetz der Bahn zumindest indirekt für eine Staatsbeteiligung aus. Die Union steht diesem Ansinnen eher ablehnend gegenüber.
Die EU-Kommission drängt aus Wettbewerbsgründen schon länger darauf, dass sich die Stromerzeuger von ihren Netzen trennen. Ob die EU damit einverstanden wäre, dass die bisherigen Eigentümer Anteile an einer gemeinsamen Netzgesellschaft halten, ist offen. Interesse an einer Beteiligung am Stromnetz gibt es in der Finanzbranche, die sich vom Netzbetrieb eine langfristige, sichere Rendite verspricht. Auch die Branche der erneuerbaren Energien, die für ihr weiteres Wachstum in erheblichem Ausmaß auf neue Fernleitungen angewiesen ist, hat Interesse, sich am Stromnetz zu beteiligen.
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