: Bundeswehr bald gesetzlich verglimpft
■ Justizminister Schmidt-Jortzig will „Lex Bundeswehr“: Verunglimpfung deutscher Soldaten soll verboten werden
Bonn (taz) – Bei der Regierung geht die Angst vor Schimpfkanonaden über die Bürger in Uniform um: Mit einer „Lex Bundeswehr“ will die Bonner Koalition deutsche Soldaten vor „Verunglimpfungen“ schützen. Bundesjustizminister Edzard Schmidt-Jortzig (FDP) hat gestern im Kabinett einen Gesetzentwurf vorgestellt, der Beschimpfungen der Bundeswehr mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldbuße bestrafen will. Den Eindruck, daß Soldaten quasi mehr Ehre als anderen BürgerInnen zugestanden wird, will er dadurch vermeiden, daß der Straftatbestand nicht – wie von CDU/CSU gefordert – an den Beleidigungsparagraphen angehängt wird, sondern in Bestimmungen über „Straftaten gegen die Landesverteidigung“ eingeordnet wird.
Nach dem Ministerentwurf kann bestraft werden, wer „Soldaten in Beziehung auf ihren Dienst in einer Weise verunglimpft, die geeignet ist, das Ansehen der Bundeswehr oder ihrer Soldaten in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen“. Das heißt natürlich auch: Wer sich ohne Bezug auf die Bundeswehr des Tucholsky- Zitats „Soldaten sind Mörder“ bedient, geht weiterhin straffrei aus. Diese Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aber hatte den ganzen Wirbel schließlich ausgelöst.
Schmidt-Jorzig lehnte den Begriff „Lex Bundeswehr“ gestern ab: Vielmehr würden Bundeswehrsoldaten vom Staat „in die Verfassungseinheit“ Bundeswehr gerufen und müßten deswegen „unter der besonderen Fürsorge“ des Staates stehen. Auch wenn der Entwurf von Schmidt- Jortzig dies bisher nicht vorsieht, schloß er gestern nicht aus, daß auch andere „Verfassungseinheiten“ – zum Beispiel Polizei oder Bundesgrenzschutz – in das Gesetz aufgenommen werden könnten. Das fordert der verteidigungspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Paul Breuer.
Schmidt-Jortzig hat sich damit zwischen alle Stühle gesetzt. In der FDP-Fraktion hat sein Vorschlag Billigung gefunden, aber in der Union ist das Papier sehr umstritten. Die CDU/CSU-Rechtspolitiker waren ungeachtet eines morgigen Termins mit dem Minister schon am Dienstag an die Öffentlichkeit geprescht. Ihr Vorschlag: Der Ehrenschutz für die Bundeswehrsoldaten soll im Rahmen der übrigen Beleidigungsdelikte festgeschrieben werden. Das würde für die Bundeswehrmitglieder „Steine statt Brot“ bedeuten, kritisierte der Minister.
Bei der Opposition fand das Schmidt- Jortzig-Papier erst recht keinen Anklang. Der SPD-Abgeordnete Otto Schily hält den Entwurf schlicht für überflüssig und unsinnig. Denn auch das geltende Gesetz verbiete, Bundeswehrsoldaten als Mörder zu beschimpfen. Karin Nink
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