Bundeswehr an Schulen: Waffengleichheit im Klassenzimmer
In NRW dürfen Offiziere nur an die Schulen, wenn auch Friedensgruppen eingeladen werden. Der Wehrbeauftragte ist mit der Regelung nicht zufrieden.
BERLIN taz | In nordrhein-westfälischen Klassenzimmern soll Waffengleichheit herrschen: Lädt die Schule einen Jugendoffizier der Bundeswehr ein, ist sie auch verpflichtet, Friedensbewegte zu Wort kommen zu lassen. Wie die Neue Westfälische jetzt berichtete, verständigten sich das Ministerium von Schulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne) im August mit der Bundeswehr auf eine entsprechende Änderung der bisherigen Kooperationsvereinbarung. Die schwarz-gelbe Vorgängerregierung hatte 2008 die Zusammenarbeit gestartet.
In acht Bundesländern gibt es vergleichbare Kooperationsvereinbarungen zwischen Kultusministerien und der Bundeswehr. Die Verträge stehen immer wieder in der Kritik. Zuletzt machten verschiedene Initiativen Ende September in einer bundesweiten Aktionswoche dagegen mobil. Ein Sprecher des NRW-Schulministeriums betonte, die Gleichstellung von Friedensgruppen mit der Bundeswehr sei für die Lehrer „verbindlich“. Ein entsprechender Erlass ging bereits 2010 an die Schulen; nun wurde die Kooperationsvereinbarung mit der Bundeswehr einvernehmlich angepasst.
Trotzdem kommt Kritik. Der Wehrbeauftragte des Bundestags, Hellmut Königshaus (FDP), verlangt, dass für Friedensinitiativen „die gleichen strengen Regeln“ gelten wie für die Bundeswehr. Auch sie müssten zur Objektivität verpflichtet werden. „Nach verschiedenen Verlautbarungen von Organisationen, die sich um entsprechende Einbindung bemühen, bestehen bei mir Zweifel, ob dies ohne klare Regelungen vorausgesetzt werden kann“, so Königshaus gegenüber taz. Salopp formuliert: Die Bundeswehr müsse sich zurückhalten, während die Friedensbewegten hemmungslos herumpoltern dürften.
In Baden-Württemberg soll die Bundeswehrkooperation ebenfalls gemeinsam mit Friedensgruppen überdacht werden, so das Schulministerium. Laut Bundeswehr ist zudem in keinem Bundesland vorgesehen, Referenten von Friedensgruppen mit der Bundeswehr gleichzustellen. Kooperationsvereinbarungen gibt es außer in NRW und Baden-Württemberg in Bayern, Hessen, Rheinland-Pfalz, Sachsen, Mecklenburg-Vorpommern und im Saarland.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
Vorschläge für bessere Schulen
Mehr Führerschein wagen