Bundeswehr-Übung: Glorifizierung der Bundeswehr
Beim Sommerbiwak der 1. Panzerdivision wird Hannovers Stadtpark alljährlich zur Festung. Seit 2005 demonstrieren Kriegsgegner auf dem Gelände.
Draußen Trillerpfeifen, Trommeln und "Soldaten sind Mörder"-Chöre, drinnen Haute Volée, Halligalli und Durchhalteparolen. Dazwischen Hundertschaften schwer bewaffneter Feldjäger und Polizisten, die den Stadtpark in eine Festung verwandeln. So hat sich Oberbürgermeister Stephan Weil (SPD) das gesellschaftliche Topereignis der "Eventstadt Hannover" eigentlich nicht vorgestellt.
Doch das "Sommerbiwak" der 1. Panzerdivison gerät alljährlich zur Nagelprobe in Sachen Demokratie. Am kommenden Freitag ist es wieder mal so weit. Während die geladenen Eliten aus Wirtschaft, Politik und Militär schon an der Garderobe feilten, trafen sich die Protestler zum "Friedensbiwak". Veranstalter waren die Deutsche Friedensgesellschaft, das Friedensbüro Hannover, die Vereinigten Kriegsdienstverweigerer und die Rosa-Luxemburg-Stiftung.
Ob dort geplant wurde, was die Polizei später ein Störmanöver "von ganz anderer Qualität" nannte, ist unwahrscheinlich. Dazu bekannte sich eine "Aktionsgruppe gegen Sommerbiwak, Militär und Patriarchat". Das Kommando bepinselte acht Soldatendenkmäler mit rosa Farbe und hinterließ im Stadtpark einen Kanister mit zündfähiger Substanz.
Es folgte die Razzia in der Wohnung eines aktenkundigen Antimilitaristen, flankiert von einer Solidaritätsdemo im Stadtteil Linden. Einen Tag später ging bei der Presse ein Schreiben ein. Tenor: Man habe "den Park als Kriegsgebiet markiert", weil das Sommerbiwak und der Krieg in Afghanistan zusammengehören. Die 1. Panzerdivision bildet denn auch die Speerspitze der deutschen Eingreiftruppen und agiert unter anderem in Afghanistan. Die Auslandseinsätze mögen den Protest zusätzlich befeuert haben.
Grundsätzlich verdankt sich die Eskalation auch der ambivalenten Haltung der Sozialdemokraten, die mit den Grünen den Stadtrat dominieren. Hannover ist nämlich nicht nur "Partnerstadt der 1. Panzerdivision", sondern auch von Hiroshima. In dieser Eigenschaft lässt Oberbürgermeister Stephan Weil selten eine Gelegenheit aus, um Hannover als Hort des Pazifismus zu positionieren. So auch wieder am Gedenktag des 2. Weltkrieges, als Weil seine Mitgliedskarte im Club "Mayors for peace" spazierentrug. Drei Tage zuvor fraternisierten Weil und sein Vize Bernd Strauch auf dem Sommerbiwak mit Uniformträgern und Vertretern des militärisch-industriellen Komplexes wie VW. Ihr grüner Koalitionspartner ist da schlauer. Er geht einfach nicht hin. Oder hält es wie die "Jungen Grünen". Sie stellen fest, dass angesichts globaler Kriegseinsätze "Feiern vollkommen unangemessen sind".
Auf diese Idee kamen 2005 erstmals ganze 15 Demonstranten und mussten sich von Feldjägern fürchterlich verprügeln lassen. Im Jahr darauf waren es schon 150. Als die Stadt das Häuflein in ein gitterumzäuntes Karree sperrte und fortan versuchte, mit harschen Auflagen ihr Grundrecht auf freie Meinungsäußerung einzuschränken, schritten die Gerichte ein. 2007 gründete sich dann jenes Friedensbündnis, das den Sommerbiwakierern den Spaß jedes Jahr ein bisschen mehr verdirbt.
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