■ Bundestag verabschiedet ein schlechtes Naturschutzgesetz: Fortbildung für Merkel und Borchert
Kollege Rüttgers, übernehmen Sie! Das Bundeskabinett braucht dringend eine Fortbildung in Ökonomie. Umweltministerin Angela Merkel und Landwirtschaftsminister Jochen Borchert sind die größten Problemfälle. Ihre Vorstellung von den wirtschaftlichen Folgen des Naturschutzes geht an den Realitäten der Bundesrepublik voll vorbei. Naturschutz ist kein Kostenfaktor, Naturschutz ist ein Standortfaktor in der Bundesrepublik Deutschland.
Vor Ort wissen das die meisten Beteiligten. Eine kurze Nachfrage bei der bayerischen Staatsregierung hätte mit Sicherheit Erkenntnisse darüber ergeben, wie viele Arbeitsplätze der Nationalpark Bayerischer Wald geschaffen hat. Auch Erkundigungen in manchem Ferienzentrum an der Nordsee hätten der Weiterung des wirtschaftlichen Horizonts gedient. Und schließlich könnte Kollege Rüttgers den beiden MinisterInnen als ersten Schritt einen Kurs bei den Kekskönigen von Bahlsen empfehlen. Deren Stiftung fördert nämlich den Naturschutz in Mecklenburg-Vorpommern – wo Merkel CDU-Landesvorsitzende ist.
Daß Landwirt Borchert, der noch mit der Giftspritze groß geworden ist, jetzt aber schon seit 17 Jahren seinen Abgeordnetensessel hütet, die neueren Erkenntnisse der Regionalökonomie nicht wahrgenommen hat, mag noch zu verstehen sein. Daß aber auch Umweltministerin Merkel die Einschränkung der Giftspritzerei als einen wirtschaftlichen Schaden ansieht und die bislang Spritzenden dafür entschädigen lassen will, ist unverständlich und unverantwortlich. Schließlich gibt die Ministerin sonst selbst zu Protokoll, daß Umweltschutz neue Jobs schafft.
Gestern sind die Abgeordneten der Koalition im Bundestag wie eine Schafherde ihren beiden Leithammeln gefolgt und haben das Gesetz verabschiedet. Doch Gott sei Dank ist damit noch nichts verloren. Das Gesetz muß noch durch den Bundesrat, in dem die von der Opposition regierten Länder ihre Vorbehalte schon angemeldet haben. Das schafft zumindest einige Monate Luft.
Bundesbildungsminister Rüttgers hat also für eine konzertierte Fortbildungsaktion in Kabinett und Bundestag gerade noch Zeit. Vorschlag zur Güte: eine Fortbildung im Nationalpark Ostseebodden für alle Zurückgebliebenen. Dort könnte ökologischer Tourismus als Standortfaktor nicht nur erlernt, sondern gleich auch praktiziert werden. Hermann-Josef Tenhagen
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