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Bundestag diskutiert FinanzkriseSteinbrück warnt vor Panik

Der Bundestag fordert, den Bankensektor stärker zu regulieren. Finanzminister Peer Steinbrück mahnt Konteninhaber zur Ruhe. Die Linke wirft Rot-Grün Mitschuld an der Krise vor.

Bemühte sich, zu beschwichtigen: Finanzminister Steinbrück. Bild: dpa

Mit der neuen Einigkeit ist es schon wieder vorbei. Knapp zwei Wochen nachdem sich die internationale Finanzmarktkrise mit dem Zusammenbruch der amerikanischen Investmentbank Lehman Brothers dramatisch zugespitzt hat, forderten zwar alle Fraktionen am Donnerstag in einer Bundestagsdebatte striktere Regeln für den Bankensektor. Ansonsten aber sahen sich alle politischen Formationen vor allem in ihren bisherigen Ansichten bestätigt.

Finanzminister Peer Steinbrück gab eine anlassgemäß ausgewogene Regierungserklärung ab und beschwor die Bürger, jetzt nicht in Panik zu verfallen. Gleichzeitig warnte er vor dramatischen Folgen für die globale Wirtschaft: "Die Welt wird nicht wieder so werden wie vor dieser Krise."

Die beiden Fraktionschefs Oskar Lafontaine (Linke) und Fritz Kuhn (Grüne) führten ein Rededuell um die Gesamtbewertung der Reformpolitik seit dem Regierungsantritt von Rot-Grün vor zehn Jahren. Lafontaine, auf den die Finanzkrise schon seit vergangener Woche regelrecht als Aufputschmittel wirkt, forderte in Anlehnung an Helmut Kohls Wortwahl aus dem Jahr 1982 eine "geistig-moralische Umorientierung" - und attackierte den früheren grünen Vizekanzler Joschka Fischer, der eine Politik "gegen die internationalen Finanzmärkte" für unmöglich erklärt habe. "Wer nicht Sozialabbau betreibt, den bestrafen die internationalen Finanzmärkte": Das sei seit seinem eigenen Abgang 1999 die Maxime der deutschen Politik gewesen, so Lafontaine. Vor allem die Privatisierung der Altersvorsorge durch die Riester-Rente sei ein Fehler gewesen.

Kuhn dagegen schloss sich dem allgemeinen Ruf nach einer schärferen Regulierung des Bankensektors an, wies Lafontaines Grundsatzkritik an den rot-grünen Sozialreformen aber scharf zurück. "Was haben die Probleme in unserem Rentensystem mit der Finanzmarkt-Krise zu tun?", hielt er der Linksfraktion entgegen - und erhielt für seine Attacken gegen den linken Zwischenrufer Diether Dehm lauten Applaus von der Union.

Der bayerische SPD-Abgeordnete Ludwig Stiegler hielt sich erneut vor allem mit persönlichen Angriffen auf Lafontaine auf, dem er einmal mehr die Flucht aus seinen Ämtern vorwarf. Auf der anderen Seite des politischen Spektrums erklärte der FDP-Finanzexperte Hermann Otto Solms, die unzureichende Regulierung des Finanzmarkts sei ein Fehler des Staates, nicht des Marktes: "Es handelt sich eindeutig um Staatsversagen."

Für die Union erklärte deren Finanzpolitiker Michael Meister die Krise zu einer Chance, "das Modell der sozialen Marktwirtschaft zu exportieren". Damit folgte er der Argumentation des parlamentarischen Geschäftsführers der Unionsfraktion, Norbert Röttgen. Die Krise zeige die Notwendigkeit von Ordnungspolitik, so Röttgen zu Wochenbeginn: "Das ist der Anfang unserer Vorstellung von sozialer Marktwirtschaft."

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