Bundestag befragt Bahnchef: Und nun zum Wetter, Herr Grube
Warum versagen Klimaanlagen? Der Bahnchef konnte es dem Bundestag nicht erklären. Er wertet lieber meteorologische Daten aus - und verspricht, die "Ärmel hochzukrempeln".
BERLIN taz | Es gab Zeiten, da warb die Bahn: "Alle reden vom Wetter. Wir nicht". Spätestens jetzt ist der Slogan aus den Sechzigern überholt. Bahnchef Rüdiger Grube redet viel vom Wetter. Etwa am Donnerstag. Der Verkehrsausschuss im Bundestag hat Grube zum Krisengipfel geladen. Eigentlich sollte Grube erklären, woran es lag, dass in den letzten vierzig Tagen in gut 50 Fernzügen die Klimaanlagen schlappgemacht haben, die Temperaturen in Waggons auf über 60 Grad stiegen, Fahrgäste kollabierten. Es kam anders.
Grube hat die Wetteraufzeichnungen auswerten lassen. Es sei der "heißeste Juli seit 110 Jahren", in Berlin habe es "in den letzten zwanzig Jahren fünf Tage mit mehr als 37 Grad gegeben, davon zwei am letzten Wochenende", erzählt er. Da kommt er gerade aus der nicht öffentlichen Sitzung. Er sagt zudem: "Jeden Tag sind 253 ICEs im Einsatz, die machen 800 Fahrten, in den letzten vierzehn Tagen also 11.200, die Ausfallrate liegt bei 0,3 Prozent." Er wolle das nicht als Rechtfertigung verstanden wissen, er verstecke sich auch nicht hinter dem Klimawandel. Grube: "Wir legen unsere Hände nicht in den Schoß, sondern machen mit aufgekrempelten Armen unsere Arbeit, und zwar Tag und Nacht."
Nur: Grube überzeugt damit wenig. So mancher Verkehrspolitiker zeigt sich genervt. Toni Hofreiter von den Grünen zum Beispiel: "Achsen kaputt, Signalanlagen auch, dann zu viel Schnee, jetzt Klimaanlagen" - es gehe um viel mehr als die Hitze. Die Bahn achte nur auf Rendite, wolle auch noch für 2,7 Milliarden Euro den britischen Rivalen Arriva kaufen, zudem verstärke der Bund den Druck. Der Staat ist zu hundert Prozent Eigentümer der Bahn. Und die schwarz-gelbe Koalition will Grube verpflichten, künftig jedes Jahr 500 Millionen Euro Dividende zu überweisen. Das findet Hofreiter alles falsch, und Grube habe darauf nur "unklare", "ausweichende" Antworten.
Grube sagt den Verkehrsexperten nicht, warum genau die Klimaanlagen versagen, er hat ihnen dazu auch nicht wie versprochen vorab einen Bericht zugeschickt. Grube sagt nur: "An der Wartung liegt es nicht." Hat die Bahn die Filter regelmäßig gereinigt, rechtzeitig Kühlmittel nachgefüllt? Daran zweifelt nicht nur Sabine Leidig von den Linken, sondern auch Politiker der anderen Parteien sind misstrauisch. Man muss nur das als "streng vertraulich" gekennzeichnete Bahnpapier zur "Aufwandssenkung" lesen, von dem Leidig am Donnerstag Kopien verteilt hat. Daraus geht hervor, dass in den Jahren 2003 bis 2005 die Inspektionsintervalle für die ICE-Züge verlängert wurden.
Die Bahn werde die Klimaanlagen jetzt genauer anschauen, sagte Grube immerhin. Eventuell sollten sie auch ausgetauscht werden. Vor allem im ICE 1 und ICE 2 machen die Klimaanlagen Probleme: Sie funktionieren nur einwandfrei, wenn es draußen nicht wärmer als 32 Grad ist und nicht kälter als -20 Grad. Als die Bahn die Waggons bei Siemens vor gut 20 Jahren bestellt hat, soll dies Standard gewesen sein. Komplett ausfallen muss die Technik darum aber nicht, in Labortest laufen die Klimaanlagen auch bei 40 Grad. Der ICE 3 ist bereits auf 35 Grad ausgelegt. Und der neue ICE-X hat laut Grube "spanisches Niveau", schafft 45 Grad. Der kommt allerdings nicht vor 2015.
Derweil behilft sich die Bahn. Sie regelt die Temperatur in den Waggons auf 24 Grad und nicht mehr auf 19 runter. Wer dennoch wegen Hitzestress medizinisch behandelt werden muss, bekommt 500 Euro bar von der Bahn. Und zwar anders als zunächst gefordert - ohne Attest. Zudem: Ab heute wird es kühler.
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