Bundesrats-Initative zum Sexualstrafrecht: Nein soll wirklich Nein heißen
CDU und CSU wollen das Sexualstrafrecht offenbar bis zum Sommer umfassend reformieren. Justizminister Maas hatte sich dagegen ausgesprochen.
Konkret heißt das: Wer sexuelle Handlungen an einer Person durchführt, die damit nicht einverstanden ist und das auch erkennbar ausdrückt, würde sich in Zukunft strafbar machen. Ob sich das Opfer körperlich gegen den Täter wehrt oder nicht, würde keine Rolle mehr spielen.
Zuvor hatte am Freitag schon der Bundesrat kritisiert, dass ein vorliegender Reformvorschlag der Bundesregierung nicht weit genug gehe. In einer Stellungnahme bemängelte die Länderkammer, dass nach den Plänen der Regierung auch in Zukunft ohne Strafe davonkommen kann, wer „ein klar formuliertes ‚Nein‘ des Opfers“ oder „ nonverbale Kommunikation“ wie Weinen oder Schluchzen ignoriere.
Justizminister Heiko Maas (SPD) hatte den kritisierten Entwurf im April in den Bundestag eingebracht. Er soll einige der bestehenden Lücken im Sexualstrafrecht beseitigen. Als Vergewaltiger gilt vor Gericht bisher nur, wer eine andere Person durch Gewalt oder Drohungen zu sexuellen Handlungen zwingt oder sich an einem wehrlosen Opfer vergeht. Maas möchte, dass sich in Zukunft auch derjenige strafbar macht, der sein Opfer überrumpelt, so dass dieses gar nicht erst die Möglichkeit zur Gegenwehr hat.
Maas will Ergebnisse einer Kommission abwarten
Strafbar sollen auch sexuelle Handlungen an Personen werden, die sich nur deswegen nicht aktiv wehren, weil sie „im Fall ihres Widerstandes ein empfindliches Übel“ befürchten – etwa wenn der Täter ein Vorgesetzter ist und das Opfer um seinen Job fürchtet. Für die meisten anderen Fälle würde aber auch in Zukunft gelten: Ein einfaches Nein des Opfers ist nicht genug, um den Täter hinterher strafrechtlich zur Verantwortung zu ziehen.
Sogar diese vergleichsweise harmlose Strafrechtsverschärfung aus dem Justizministerium hing zunächst monatelang im Kabinett fest, da sie vom Kanzleramt blockiert wurde. Erst im Dezember 2015 gab es von dort grünes Licht. Nach den Ereignissen der Kölner Silvesternacht stieg in den Regierungsparteien dann die Bereitschaft, weitere Lücken zu schließen. Längst sind es nicht mehr nur Frauenorganisationen, denen der Regierungsentwurf zu kurz greift. Sogar die Fraktionschefs von SPD und Union setzten sich zuletzt dafür ein, das Prinzip „Nein heißt Nein“ konsequent umzusetzen.
Heiko Maas plädierte dagegen noch Ende April im Bundestag dafür, zunächst auf größere Änderungen im Sexualstrafrecht zu verzichten. Eine wirklich umfassende Reform sei zu aufwendig, als dass sie in wenigen Monaten umzusetzen sei. Er wollte zunächst die Ergebnisse einer Expertenkommission im Herbst abwarten.
Nun könnte es doch schneller gehen – falls die neuen Äußerungen aus der Union ernst gemeint sind. Ganz sicher ist das nicht: Schon vor Monaten hatte sich der CDU-Vorstand auf die Forderung geeinigt, dass ein Nein für eine Straftat ausreichen muss. Einen Tag später bat Fraktionsvize Thomas Strobl, die Forderung nicht wörtlich zu nehmen: Man habe nur eine griffige Formulierung gesucht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Pelicot-Prozess und Rape Culture
Der Vergewaltiger sind wir
100 Jahre Verkehrsampeln
Wider das gängelnde Rot
++ Nachrichten zum Umsturz in Syrien ++
Baerbock warnt „Assads Folterknechte“
Trendvokabel 2024
Gelebte Demutkratie
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt