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Bundespräsident Wulff in der BredouilleEin Freund, ein guter Freund

Gemeinsame Zeiten in Niedersachsen verbinden: FDP-Chef Rösler springt Christian Wulff in der Debatte um dessen Finanzgebaren zur Seite. Die Grünen sehen die ganze Affäre nicht so locker.

Der damals noch niedersächische Ministerpräsident Wulff (l.) machte Rösler in Niedersachen einst zum Minister. Bild: ap

BERLIN dpa/dapd | FDP-Chef Philipp Rösler hat Bundespräsident Christian Wulff in der Debatte über einen umstrittenen Privatkredit den Rücken gestärkt. In der Passauer Neuen Presse nahm Rösler seinen langjährigen Weggefährten Wulff gegen den Vorwurf in Schutz, den niedersächsischen Landtag als Ministerpräsident über ein privates Darlehen getäuscht zu haben. Mit dem Kredit einer befreundeten Unternehmergattin hatten Wulff und seine Frau Bettina ein Haus gekauft.

"Der Bundespräsident hat erklärt, er habe sich damals korrekt verhalten. Ich habe überhaupt keinen Anlass, an dieser Aussage zu zweifeln", sagte der heutige Bundeswirtschaftsminister, der seinerzeit als FDP-Fraktionschef und Minister in Hannover eng mit Wulff zusammengearbeitet hatte. Er machte zugleich deutlich, dass er selbst einen anderen Weg gewählt hatte: "Wer ein Eigenheim kauft oder baut, nimmt zumeist einen privaten Kredit über die Hausbank auf. Das ist bei meiner Familie nicht anders."

Der Bundespräsident kehrte in der Nacht zum Mittwoch von einer sechstägigen Reise in die Golfregion zurück. Zu den Vorhaltungen hat er sich bislang nicht öffentlich geäußert. Am Dienstag war bekanntgeworden, dass Wulff 2008 als niedersächsischer Regierungschef einen Privatkredit über eine halbe Million Euro von der Frau des Unternehmers Egon Geerkens erhalten hatte. Im Landtag in Hannover hatte er diesen Kredit aber nicht angegeben, als er nach geschäftlichen Beziehungen zu dem Unternehmer gefragt wurde.

"Pure Haarspalterei"

Die Grünen werfen Wulff deshalb Täuschung vor. Sie forderten das Staatsoberhaupt auf, die Vorwürfe unverzüglich zu klären. "Ich hoffe sehr, dass der Bundespräsident die jetzt aufgekommenen Fragen schnell und umfassend beantworten wird", sagte Bundesgeschäftsführerin Steffi Lemke der Welt. Die Grünen im niedersächsischen Landtag erwägen, die Vorfälle parlamentarisch durchleuchten zu lassen. Er fühle sich von Wulff getäuscht, sagte Fraktionschef Stefan Wenzel den Dortmunder Ruhr Nachrichten. "Die damalige Antwort des Ministerpräsidenten war pure Haarspalterei. Der Landtag wurde nicht umfassend informiert."

Wulff hatte seinen Weihnachtsurlaub 2009 in der Florida-Villa des Unternehmers Geerkens verbracht. Der Flug nach Miami brachte Wulff die sogenannte Air-Berlin-Affäre ein, weil er und seine Frau Bettina sich von der Fluggesellschaft kostenlos von der Economy in die Business Class hochstufen ließen.

Wenzel hatte Wulff Anfang 2010 im Zusammenhang mit dieser Affäre auch nach geschäftlichen Beziehungen zu dem Unternehmer Geerkens gefragt, was die niedersächsische Staatskanzlei jedoch verneint hatte. Diese Antwort sei jedoch haarscharf an der Sache vorbeigegangen, sagte Wenzel der Zeitung. "Wir werden prüfen, welche parlamentarischen Mittel es gibt, um diese offenen Fragen zu klären."

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15 Kommentare

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  • J
    JadotA

    .

     

    Ich wollte GAUS haben.

    Jetzt weiß jeder warum.

     

    Kernbrot vs Schrippe.

    Aber niemand hört auf mich.

     

    .

  • S
    Siegfried

    @Jürgen Mader - Auf der einen Seite gebe ich Ihnen recht, auf der anderen Seite ist dieser Mann nicht "Ottonormalverbraucher". Er steht an der Spitze unseres Landes, vertritt das deutsche Volk und hat dadurch auch jede Menge Vorteile, die "Ottonormalverbraucher" nie haben wird. Köhler wäre das nicht passiert. Der hatte die Sensibilität für dieses Amt. Wenn Wulff wirklich "den Arsch in der Hose hätte", so wie Sie sich ausdrücken, würde er jetzt zurück treten. Aber dafür müßte er erst Mal die nötige Charakterstärke besitzen.

    Schauen Sie in sich doch mal genau an. Das steht einer in viel zu glatter Fasade, ängstlich darauf bedacht es vielen recht zu machen und ganz besonders sich selbst.

  • JM
    Jürgen Mader

    OhweiOhwei...

    Frage: Hatte er nun geschäfltliche Beziehungen in seiner Funktion als MP mit Geerkens oder nicht. Gab´s dafür gefällige Kompensationen oder nicht? Jeder, der darauf keine Antwort hat, soll´s Maul halten.

    Wenn nicht, und danach sieht es doch wohl aus, dann geht es verdammt nochmal niemanden etwas an, wo sich der Mann privat Geld leiht. Sind denn hier alle verrückt geworden.

    Wenn er den Arsch in der Hose hat, stellt er sich vor laufende Kameras und fragt mal die versammelte deutsch-michelige Journaille, wo sie! sich privat Geld leiht. Ihr glaubt wohl auch, dass die prompte Gegenfrage kommt, was ihn das denn angeht.

    Also: Was habt Ihr denn alle mit dieser Privatangelegenheit zu tun??

  • BF
    Brigitte Flachmann

    Man könnte auf die Idee kommen, dass der damalige Ministerpräsident Wulff nicht kreditwürdig war, d.h auf einen Privatkredit ausweichen musste, weil ihm eine Bank gar nicht so viel Geld geliehen hätte. Das auf den Fotos gezeigte Haus mit relativ kleinem Grundstück sieht nicht so aus, als wäre es eine halbe Million wert. Es wäre demnach überschuldet. Eine echte Umschuldung hat doch wohl auch erst Ende Juni 2010 stattgefunden, als bereits feststand, dass Wulff Bundespräsident werden würde und sich seine Einkommensverhältnisse signifikant verbessern würden.

  • H
    Hasso

    Gleich und Gleich gesellt sich eben gern. Diese Typen verlangen von der Armut Moral und kommen selbst noch nicht einmal mit ihrem Reichtum klar. Wenn man selbst vor einem Staatsoberhaupt keinen Respekt mehr haben kann-, vor wem denn noch? Weg mit diesen Anti-Demokraten!

  • Y
    yberg

    jeder der in irgendeiner zeit seines lebens privatgeld aufgetrieben hat,weil seine aktivitäten seinen bonitätsrahmen sprengten,legt sein besonderes augenmerk auf risikoverteilung.er versucht also die summe unter verschiedenen darlehensgeber aufzuteilen.

     

    dies geht natürlich nicht,wenn man druck hat oder ist nicht notwendig,wenn zusätzliche nebenabsprachen verabredet werden.

     

    hier war und ist feuer unterm dach,zumal die kreditverträge plötzlich auftauchen,was auf störungen der absprachen hinweist.es soll dadurch ja druck aufgebaut werden.

     

    hier kam einer zu kurz bzw. lief etwas nicht nach absprache.

     

    wie kann denn DIE schwabenbank innerhalb kürzester zeit ein 100 % darlehen ausreichen,nur durch die immobilie besichert und die eingeschränkten gehaltsbestandsteile da geschieden unsres bonitätsschwachen wuffs.

     

    niemals wurde hier der normale banklauf eingehalten einschließlich der eigenständigen bewertung durch die bank.

     

    eine bank die milliarden in rauch schrieb beliebdienert und pampert einen ministerpräsidenten,das stinkt doch gen himmel.

     

    andrerseits,banano formell an der spitze unsres gemeinwesens ist ein würdiger repräsentant unsrer die gesellschaft donierenden NETZWERKER und WI(E)WINNER...

  • W
    Whitalek

    Immer wenn ich solche Artikel über unserer Volksvertreter_innen lese denke ich mir, warum sorgen wir nicht endlich dafür, dass es mehr direkte Demokratie gibt?

  • FG
    Friedrich Grimm

    Schon ein bisschen witzig, wenn ein Wackelpudding einem anderen Wackelpudding Halt geben will. Soviel zur spaßigen Seite. Was die moralische Seite angeht, so erleben wir, und das vor allem bei Unionsgrößen, einen erschreckenden moralischen Zerfall. Die Namensliste dieser Personen ist beachtlich, sodass ich lediglich auf zwei hinweisen möchte: Herr Schäuble, unser Finanzexperte sucht noch heute die 100.000 DM-Spende von Schreiber; Herr Kohl, der Verfassungsbrecher, wird in schöner Regelmäßigkeit, Jahr für Jahr, von irgendwelchen "Top-Moralisten" als Kandidat für den Friedensnobelpreis nominiert. Da hat doch jeder Hartz IV-Empfänger mehr Anstand im Leib als diese "Vorbilder".

  • W
    Wiwi

    Es ist nicht so, dass ich ein grosser Fan Herrn Wulffs bin. Allerdings sollte sich erstens die Frage gestellt werden, warum man seine Vermögenswerte eigentlich überhaupt so offen legen muss. Desweiteren ist es doch schön zu sehen, dass unser Bundespräsident (bzw zu diesem Zeitpunkt noch Ministerpraesident) anscheinend Bürgernahe Probleme hat, wie z.B. wie finanziere ich mein Eigenheim. Diese Debatte von wegen "industriellen" Freunden und die daraus resultierenden Vorteile sollten heutzutage wenige Politiker sich überhaupt anmaßen zu führen, bedenke einer nur die vielen Lobbies.

  • S
    Siegfried

    Vor dem Gesetz sind alle gleich und manche gleicher. Dieser Mann steht an der Spitze unseres Staates und übt Vorbildfunktion aus. Seine Signale werden katastrophale Auswirkungen auf nicht wenige Bürger haben.

    Er kommt mir vor wie eine Elster die sich auf alles stürzt was glitzert. Für so ein Amt braucht man Menschen mit Persönlichkeit, Charakter, ein Gefühl für Werte und Moral. Herr Wulff glänzt nicht gerade damit. Time to say good bye!!!!

  • H
    HilmarHirnschrodt

    So, so, der Fast Drei Prozent Mann Rösler stellt sich demonstrativ hinter Herrn Wulff. Das passt, den beide haben den endgültigen Zusammenbruch ihrer mühsam aufgebauten "Ich bin so wichtig - Fassade" zu befürchten. Herr Wulff hat jede moralische Glaubwürdigkeit verspielt und wenn hinter seiner Glanzfassade tatsächlich nur ein Funken Anstand sein sollte, dann bleibt ihm nur der Rücktritt. Tritt er nicht zurück, dann verschone er uns künftig vor seinem heuchlerisch-scheinheiligen Geschwätz, denn als moralische Instanz hat er so und so endgültig fertig.

  • C
    chris

    In der Regierung von Schwarz-Gelb 2005 unter Christian Wulff wurde im Rahmen kompromisslo-

    ser Sparpolitik von Frau von der Leyen etwa das Blindengeld gestrichen, unter dem Druck eines Volksbegehrens und wegen des Makels einer Politik ‚sozialer Kälte’ etwa nicht wiedergewählt zu werden, von der Landesregierung aber zurück-genommen. Allerdings um die Hälfte gekürzt.

     

    Aus dieser Zeit datieren auch die freundschaftlichen Kontakte Wulff-Rösler sowie von der Leyens erste Erfolge bei dem Abbau sozialstaatlicher Fürsorgepflichten. Zudem schien Niedersachsen ein schwarz-gelbes Erfolgsmodell zu sein.

    Im Übrigen – siehe jüngst die causa Braun in Berlin – gilt auf allen Ebenen der Politik nicht erst seit Kohl in juristisch heikler Lage als oberstes das Kriterium nicht moralischer Integrität, sondern die juristische Unschulds-vermutung vor der Vermutung der Vorteilsnahme und Bereicherung. Denn vor dem Gesetz sind alle gleich, auch wenn sie den Immunitätsstatus haben und großzügig abgefunden werden, je länger es gelingt, Verfahren gegen sie auszusitzen. Ein ethisch-moralischer Codex bleibt ihre Privatsache.

     

    Entsprechend sind Bundestag (etwa mit Schäuble: Verschwinden der Spendenkasse/mit Merkel: Sperren

    ihrer Stasi-Akte) und EU-Parlament (mit ‚entsorg- ten’, da juristisch belangbaren, aber ‚immunen’ dt. Politiker_innen) mit Wulff als Repräsentant dieses Poltikverständnisses doch hervorragend bedient und im Fall Wulff von Merkel versorgt worden.

  • M
    Marion

    Ein moralisch total verkommenes land.aber wehe ich parke falsch.weg mit wulff-schnell!

  • H
    Happes

    Dass die FDP fest an der Seite des Herrn Wulff steht (zumal wenn es um anrüchige Finanzangelegenheiten geht), wird ihn sicherlich sehr beruhigen.

  • TF
    Thomas Fliederlocher

    Guttenberg II Was für eine Farce