Grüne wollten eine Frau, wählen nun Steinmeier

Mit der Unterstützung aller Ampel­parteien darf der SPD-Veteran sich auf seine zweite Amtszeit freuen

Von Anna Lehmann

Nach einigem Zögern haben sich die Grünen durchgerungen, die Wiederwahl von Frank-Walter Steinmeier zum Bundespräsidenten zu unterstützen. „Wir sind überzeugt, dass er unserer Gesellschaft auf dem schwierigen Weg aus der Pandemie weiter Halt und Orientierung geben wird“, heißt es in einer Presseerklärung der beiden Vorsitzenden Annalena Baerbock und Robert Habeck sowie der Fraktionschefinnen Britta Haßelmann und Katharina Dröge vom Dienstag. Damit ist eine zweite Amtszeit des SPD-Politikers so gut wie sicher. Denn die drei Ampelparteien stellen mit ihren Wahlleuten die erforderliche absolute Mehrheit in der Bundesversammlung, deren 1.472 Mitglieder am 13. Februar den Präsidenten wählen.

Ursprünglich hatten die Grünen vor, endlich mal eine Frau nach Schloss Bellevue zu entsenden, wo seit 1949 ununterbrochen Männer als Bundespräsidenten residieren. Ende Dezember sagte die grüne Vizepräsidentin des schleswig-holsteinischen Landtags, Aminata Touré, der Welt noch, das Rennen um die Bundespräsidentschaft sei offen. Sie wünsche sich eine Frau. Doch am Ende blieb den Grünen kaum etwas anderes übrig, als sich für Steinmeier auszusprechen, wollten sie nicht den Koalitionsfrieden riskieren. Denn die FDP hatte kurz vor Weihnachten bereits Fakten geschaffen. Man begrüße die Kandidatur Steinmeiers und unterstütze ihn gern, twitterte FDP-Fraktionschef Christian Dürr zwei Tage vor Heiligabend. Auf dem gleichen Kanal lobte Parteichef Christian Lindner Steinmeier als herausragende Persönlichkeit. Gegen diese sozial-liberale Verbrüderung waren die Grünen machtlos. Steinmeier hatte bereits im Mai seine Ambitionen angemeldet: Er stehe voller Überzeugung für eine zweite Amtszeit zur Verfügung. Damals hatten die Freien Demokraten bereits zarte Zustimmung signalisiert.

Jetzt ist aber auch die Union in einer kniffligen Lage. Die Hürde, eine wenig chancenreiche Herausforderin gegen Steinmeier antreten zu lassen, liegt nun deutlich höher. Der designierte Vorsitzende Friedrich Merz hatte diesen Plan des NRW-Ministerpräsidenten Hendrik Wüst im Dezember noch unterstützt. Wohl auch in der Hoffnung, mit einer weiblichen Kandidatin Stimmen der schwankenden Grünen abzuziehen. Nach deren Festlegung wäre eine Unionsherausforderin wohl nur noch Zählkandidatin. Außerdem ist man sich in der Union nicht einig, wie sinnvoll das überhaupt wäre. So hat Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther zum Jahresende ebenfalls in der Welt klar gemacht, dass er die Wiederwahl Steinmeiers begrüßen würde. Eine Anfrage der taz, ob und wann die Union ih­re:n Kan­di­da­t:in bekannt gibt, ließ die CDU-Pressestelle bis Redaktionsschluss unbeantwortet.

Auch die Linkspartei trägt sich mit dem Gedanken, wieder ei­ne:n ei­ge­ne:n Kan­di­da­t:in aufzustellen. 2016 hatte sie den Armutsforscher Christoph Butterwegge gegen Steinmeier nominiert. Der blieb chancenlos, bescherte der Linkspartei aber positive Aufmerksamkeit. Nach taz-Informationen will der geschäftsführende Parteivorstand am Montag beraten, ob die Linke ei­ne:n Kan­dida­t:in für die Bundespräsidentschaft nominiert.