Bundesländer: Ja zur Länderfusion - in dreißig Jahren
Stolz feiert das Saarland seine gute Zusammenarbeit mit dem Nachbarn Rheinland-Pfalz. Allerdings nur, solange es um Gerichte und Gefängnisse geht.
LEBACH taz Die Fähnchen der beiden Bundesländer auf dem Konferenztisch berühren sich zärtlich. Die aus Mainz und Saarbrücken angereisten Minister zücken ihre goldenen Füllfederhalter und signieren den Vertrag. Sie umarmen sich kurz. Kameras schnurren. Rheinland-Pfalz und das Saarland - ein Herz und eine Seele. Wurde da in der vergangenen Woche im saarländischen Lebach endlich zusammengeführt, was vor allem nach Meinung des rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten Kurt Beck (SPD) schon längst hätte zusammengelegt werden müssen: das Saarland mit Rheinland-Pfalz?
Mitnichten. In der Jugendarrestanstalt Lebach unterzeichneten der saarländische Justizminister Josef Hecken (CDU) und sein rheinland-pfälzischer Kollege Georg Bamberger (SPD) nur einen weiteren Kooperationsvertrag. Die Saarländer nehmen jetzt auch Arrestanten aus Rheinland-Pfalz auf. Dafür dürfen die Saarländer straffällige Frauen nach Rheinland-Pfalz ins Gefängnis schicken. Über ein gemeinsames Mahngericht und eine gemeinsame Justizvollzugsschule verfügen die Länder schon. Alles "Meilensteine" auf dem Weg zu einer noch engeren Kooperation, freut sich Hecken. Dann gibts Crémant.
Fragt man den Minister nach den Chancen für eine Fusion des Saarlandes mit Rheinland-Pfalz, trübt sich dessen Stimmung allerdings schnell ein. "Kein Thema" sei die Fusion im Saarland. Basta. Dass das Saarland niemals seine Eigenständigkeit aufgeben und zu einer Randregion in Rheinland-Pfalz verkommen werde, ist auch das Credo von Ministerpräsident Peter Müller (CDU). Die Synergieeffekte würden überschätzt, glaubt er. Und die Menschen seien dagegen.
Tatsächlich lehnen nach einer aktuellen Umfrage mehr als 50 Prozent der Saarländer die Länderfusion ab. Nur 35 Prozent sind dafür. Auch die SPD pfeift auf die Fusion, die Linke gleich mit. Und die Grünen rufen zur Aktivierung aller relevanten politischen und gesellschaftlichen Gruppen auf, um die Eigenständigkeit des Saarlandes zu sichern.
Die Grünen räumen jedoch auch ein, das Saarland habe "im gegenwärtigen Operettenföderalismus" keine Chance, der Notlage aus eigener Kraft zu entkommen. 2007 betrugen die Gesamtschulden 9,4 Milliarden Euro. Die Zinsen 435 Millionen Euro. Für Investitionen bleiben trotz Neuverschuldung gerade noch 332 Millionen Euro übrig. Eine grundlegende Reform des Länderfinanzausgleichs und eine Stärkung der Finanzautonomie der Länder sei deshalb unumgänglich, fordern die Grünen. Sie wollen das Saarland zur Sonderwirtschaftszone erklären lassen.
In Rheinland-Pfalz dagegen steht die Fusion nach wie vor auf der Tagesordnung. Dort plädiert eine knappe Mehrheit der Bevölkerung für eine Zusammenlegung. Und Ministerpräsident Beck ist der Brautwerber. Sein Land steht beim Wirtschaftswachstum vergleichsweise gut da. Und die Arbeitslosenquote ist gering. Doch der Schuldenberg ist zumindest in absoluten Zahlen noch höher als der im Saarland. Bis 2011, rechnete der Bund der Steuerzahler aus, werde dieser Schuldenberg auf 31 Milliarden Euro anwachsen. Rheinland-Pfalz sei dann ein "heruntergewirtschaftetes Land".
Doch "zwei Arme machen noch keinen Reichen", so der Schluss des saarländischen Ministerpräsidenten Müller. Und auch Becks Sprecher Walter Schumacher räumt ein, dass derzeit selbst Kooperationsgespräche scheiterten - "vom Justizbereich und den Hochschulen einmal abgesehen". So seien die Konsultationen auf höchster Ebene über eine Zusammenarbeit der beiden landeseigenen Regionalflughäfen Saarbrücken und Zweibrücken kürzlich ergebnislos abgebrochen worden.
Beide Länder rüsten stattdessen ihre nur 30 Kilometer auseinander liegenden Flughäfen auf. Rheinland-Pfalz baut neue Zufahrtsstraßen, um auch Franzosen nach Zweibrücken zu locken. Das eigentlich mittellose Saarland will für 50 Millionen Euro die Start- und Landebahn am Flughafen Saarbrücken für Großraumflugzeuge tauglich machen. Luftfahrt- und Finanzexperten sprechen von einem "irrsinnigen" Zweikampf.
"Wenn Sie über die Länderfusion reden wollen", sagt ein junger Mann aus dem Stab des saarländischen Justizministers amüsiert, "dann kommen Sie in 30 Jahren wieder."
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