Bundesinnenminister zu Griechenland: Friedrich empfiehlt den Euro-Austritt
Erstmals plädiert ein deutsches Kabinettsmitglied für den Abschied Griechenlands aus dem Euro-Raum. Und das kurz vor der Bundestagsabstimmung über das zweite Rettungspaket.
HAMBURG afp/rtr | Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) hat dem von der Staatspleite bedrohten Griechenland zum Austritt aus der Euro-Zone geraten.
Außerhalb der Währungsunion seien die Chancen Griechenlands, sich zu regenerieren und wettbewerbsfähig zu werden, mit Sicherheit größer als wenn es im Euro-Raum verbleibe, sagte der CSU-Politiker dem Nachrichtenmagazin Spiegel. "Ich rede nicht davon, Griechenland rauszuschmeißen, sondern Anreize für einen Austritt zu schaffen, die sie nicht ausschlagen können."
Aus Regierungskreisen in Berlin war dazu zu vernehmen, die Politik der Bundesregierung ziele unverändert auf die Stabilisierung Griechenlands in der Euro-Zone mit Hilfe europäischer Solidarität und massiver griechischer Eigenanstrengung ab. Dem diene das zweite Griechenland-Hilfsprogramm, über das der Bundestag entscheide. "Die Bundesregierung hat dem Parlament dazu eine mit allen Ressorts abgestimmte Vorlage zugeleitet."
Der Bundestag entscheidet am Montag über ein zweites Rettungspaket für Griechenland im Volumen von 130 Milliarden Euro. Wie hoch der deutsche Anteil an diesen Hilfen sein wird, steht noch nicht fest. CDU-Chefhaushälter Norbert Barthle äußerte im Spiegel trotz seiner Unterstützung für die Hilfen Bedenken, dass die damit verbundenen Hoffnungen realistisch seien. Er habe "gewisse Zweifel", ob die Verschuldung Griechenlands bis 2020 wie angepeilt auf 120,5 Prozent zu senken sei.
Der Bundestagsbeschluss soll dem Bericht zufolge durch einen Entschließungsantrag ergänzt werden. Darin fordern Union und FDP, dass sich der Internationale Währungsfonds (IWF) "auch weiterhin so weit wie möglich finanziell an dem Programm beteiligt". Der IWF hatte sich zwar bereit erklärt, 13 Milliarden Euro zum Rettungspaket beizutragen. Die Summe kann aber nur ausgezahlt werden, wenn das Exekutivdirektorium zustimmt. Vor allem in den Schwellenländern gibt es Bedenken, Griechenland weitere Milliarden zur Verfügung zu stellen.
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