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Bumerang flog vorbei

Alba Berlin schlägt Bologna und darf auf eine rosige Zukunft in der Basketball-Europaliga hoffen  ■ Aus Berlin Matti Lieske

Mit einem schier unlösbaren Problem hatte Svetislav Pesic vor dem Europaligaspiel gegen den hohen Favoriten aus Bologna zu kämpfen. „Teamsystem spielte ohne seinen besten Spieler Carlton Myers“, verriet der zu unkonventionellen Analysen neigende Coach des Basketballklubs Alba Berlin. „Das kann uns wie ein Bumerang am Kopf treffen.“ Nach dem in dieser Höhe erstaunlichen 81:64-Sieg gegen die renommierten Gäste, die in der Gruppe B zuvor erst ein Spiel verloren hatten, konnte auch Pesic befreiter atmen. Der Bumerang hatte eindeutig die Italiener getroffen.

Ohne Myers, mit 26,4 Punkten im Schnitt Topscorer der Europaliga, lief bei Bologna vor allem in der ersten Halbzeit nichts zusammen, die Trefferquote lag bei peinlichen 32 Prozent, während die Berliner auf hervorragende 64 Prozent kamen. Dies lag in erster Linie an den Kontern nach Bologneser Ballverlusten, die zur Freude der 8.500 Zuschauer meist spektakulär abgeschlossen wurden. Showtime in der ausverkauften Max-Schmeling-Halle.

Zur Halbzeit führte Alba mit 46:28, ein Vorsprung, der auch danach, als die Italiener, vor allem Massimo Ruggeri (16 Punkte), besser spielten, gehalten werden konnte. Nicht unbedingt zur reinen Freude von Svetislav Pesic, der die Differenz gern vergrößert hätte: „Das ist nicht Fußball – 1:0, dann Catenaccio.“ Dennoch zögerte er nicht, seine besten Leute zwecks Schonung auf die Bank zu setzen, als die Sache entschieden war. Mit Grausen denkt der Coach nämlich bereits an das nächste Jahr.

Seine Sorge gilt der Überbelastung der Spieler durch Bundesliga, Europaliga und Länderspiele. Hinzu kommt das deutsche All- Star-Game nächste Woche sowie das europäische All-Star-Game, zu dem Harnisch und Obradovic nach Istanbul berufen wurden. Schon einmal, als die Berliner vor zwei Jahren den Korac-Cup gewannen, hat Pesic erlebt, wie ihn Verletzungen am Schluß um die Früchte seiner Arbeit brachten, als im Meisterschaftsfinale gegen Leverkusen Obradovic und Alibegovic fehlten. Ähnliches deutet sich auch in diesem Jahr an, und dies nicht nur bei seinem Team. „Die Rückenverletzung von Myers ist kein Zufall, alle Mannschaften, die in der Europaliga spielen, haben Verletzungsprobleme.“

Die EM-Qualifikation ist dem streitbaren Pesic ein besonderer Dorn im Auge. Als ehemaliger Nationaltrainer, der das deutsche Team zu Europameisterschaft und Olympiateilnahme coachte, ist er natürlich nicht grundsätzlich gegen Länderspiele eingestellt. Die über ein halbes Jahr verstreuten Termine der Gruppenspiele hält er jedoch für fatal. Ständig seien die Spieler fast eine Woche lang weg und kämen müde, ausgelaugt sowie in letzter Zeit zunehmend frustriert zurück. Sein Vorschlag: ein einziges Turnier, bei dem binnen einer Woche die EM-Teilnehmer ermittelt werden. Die FIBA, der internationale Basketballverband, müsse dringend entsprechende Beschlüsse fassen. Höchstpersönlich wolle er sich nun um die prekäre Angelegenheit kümmern. „Ich werde mit Bora reden, sonst tut es ja keiner“, verspricht Pesic. Bora, das ist Boris Stankovic, der Präsident der FIBA.

Nach dem eindrucksvollen Sieg gegen Teamsystem Bologna stehen die weiteren Chancen in der Europaliga für die Berliner nicht schlecht. Ab Januar spielen die ersten drei der Gruppe B gegen die letzten drei der Gruppe A, und ein Sieg im letzten Vorrundenspiel beim belgischen Schlußlicht Charleroi sollte eigentlich für Rang drei genügen. Rechnungen, die Svetislav Pesic sichtliches Mißvergnügen bereiten: „Ich weiß, wir sind schon Meister, Pokalsieger und spielen bei den Final Four in Rom.“ Erst mal müsse Charleroi geschlagen werden, und das sei keinesfalls leicht. Vielleicht kommt ihm ja wieder irgendein schwerwiegendes Problem zu Hilfe.

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