■ Der Schalck in der Kehle: Bulle als Betrüger
Erich Honecker kann sich freuen. Die Zentrale Ermittlungsstelle für Regierungs- und Vereinigungskriminalität – kurz ZERV genannt – zählt seit gestern einen Mitarbeiter weniger. Und das, obwohl sich Berlins Staatsanwaltschaft seit Monaten darüber beklagt, daß die auf Korruption und andere Straftaten der ehemaligen DDR-Regierung angesetzte Ermittlungs-Crew nicht angemessen besetzt sei. Allerdings steckt hinter der Verkleinerung der wichtigen Polizeiabteilung nicht etwa die späte Rache des Realsozialismus – der Kollege verläßt die Stelle eher unfreiwillig. Er selbst war einer Verlockung erlegen, die Vertretern des SED-Apparates vorgeworfen wird und wegen der die ZERV ermitteln soll: illegale Geldbeschaffung.
Der Polizeibeamte Ferdinand G. hat sich selbst in unsaubere Machensschaften verstrickt. Zusammen mit dem 47jährigen mehrfach wegen Betruges vorbestraften Tibor S. prellte er eine Thüringer Brauererei um Bier im Wert von 200.000 Mark. Hausdurchsuchungen durch Kollegen des 45jährigen Ordnungshüters ergaben, daß die beiden Verdächtigen weitere Kreditbetrügereien begangen haben sollen. Auch wurden Reste des gelieferten Bieres gefunden.
Offenbar sind die Ermittler gegen Regierungskriminalität mit ihrer Arbeit noch nicht allzu weit gekommen. Sonst hätte G. sich die Tricks, mit denen Schalck-Golodkowski etwa Devisen-Schiebereien so verschleiern konnte, daß er bis heute frei am Tegernsee herumlaufen kann, zunutze gemacht. Oder hat dem Bullen das Bier den Blick vernebelt? Hätte er die Flaschen doch wenigstens alle ausgetrunken und so Beweismittel vernichtet. Na ja, im nachhinein hat man immer gut reden. Dirk Wildt
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