: Bulldozer umgekippt
STREIT Israels Michael Moore hat einen Film über den reichsten Mann des Landes gemacht. Jetzt ist er seine Sendung los und hat einen Prozess am Hals
Miki Rosenthal hatte mit einer harten Reaktion gerechnet, schließlich ist er ein harter Typ. Seit 25 Jahren ist er Journalist, die Haare sind nur wenige Millimeter lang, oft hängt eine Zigarette in seinem Mundwinkel. Seine investigative Sendung im israelischen TV hieß „Bulldozer“.
Doch jetzt wurde Rosenthal selbst überrollt: Nachdem er einen kritischen Film über den reichsten Mann des Landes gemacht hatte, Sammy Ofer, verlor er seinen Job im israelischen Privatfernsehen. Außerdem hat er eine Verleumdungsklage am Hals, Ofer verlangt 3,5 Millionen Schekel, rund 600.000 Euro. Das Verfahren läuft. „Das ist das erste Mal in meiner Karriere, das mir so etwas passiert“, sagte Rosenthal der taz.
Der Streit begann schon am zweiten Drehtag für „Das Shakshuka-System“, der Film soll die Verbindungen zwischen der israelischen Regierung und dem Großindustriellen Ofer aufdecken. Dieser schickte prompt einen Brief, in dem Rosenthal aufgefordert wurde, das Projekt zu stoppen. Der kam auf die Filmidee, weil er kurz zuvor erfahren hatte, dass Ofer dem Stadtmuseum Tel-Aviv einen neuen Gebäudeteil spenden wollte. Dafür sollte sich das Museum in Ofer-Museum umbenennen und vor allen zukünftigen Entscheidungen das Grundstück betreffend Ofer um Erlaubnis fragen. Das stank Rosenthal, dessen Filme vor allem den Filz zwischen Big Business und Staat kritisieren. Er ist der israelische Michael Moore, auch er spielt in seinem Film die Hauptrolle. Der Zuschauer sieht im „Shakshuka-System“ einen Rosenthal, der Akten liest, der Interviewpartner besucht, der aufdeckt.
Rosenthal glaubt, dass der Film ihm seinen Job bei Kanal 2 gekostet hat. Offiziell passe die Sendung „Bulldozer“ nicht mehr ins Format, hieß es. Rosenthal vermutet, dass es eine Rolle spiele, dass der Besitzer des Senders ein Geschäftspartner Ofers ist. Das wäre dann ein typisches Beispiel für das „Shakshuka-System“, Rosenthals Metapher für Vetternwirtschaft. Shakshuka ist ein israelischer Eintopf, bei dem sich die Geschmäcker von Ei und Tomate vermischen.
Ofer zeigte außerdem Rosenthal wegen Verleumdung an. Weil der alleine das erforderliche Geld nicht aufbringen kann, hat sich die Initiative „Ich Miki Rosenthal“ gegründet. Die sammelt Geld von Leuten, die kritischen Journalismus unterstützen wollen. „Wir wissen nicht, wer recht hat“, schreiben die Unterstützer auf ihrer Website. „Aber wir wollen, dass investigativer Journalismus möglich bleibt.“ Bislang haben sich 2.853 Unterstützer gemeldet, die die Summe notfalls zahlen wollen, also im Moment knapp mehr als 200 Euro für jeden. Mit einer Entscheidung wird frühestens 2010 gerechnet.
Unterstützer hat Rosenthal vor allem bei Vorführungen in kleinen Kinos gewonnen. Er tourte mit dem Film durch Israel, seit der Film vor einem Jahr fertig geworden ist, weil Kanal 2 ihn nicht mehr zeigen wollte. Erst diesen Sommer zeigte der öffentlich-rechtliche Kanal 1 „Das Shakshuka-System“. Anfang September gewann Rosenthal prompt den israelischen Filmpreis für die beste Dokumentation. Der Preis ist außerdem mit 60.000 Euro dotiert – ein kleiner Trost für den Filmemacher, der jetzt selbstständig und auf eigene Rechnung arbeitet.
Ein neuer Film ist in Arbeit, aber Rosenthal verrät nicht, worum es gehen soll. Selbstverständlich was Kritisches. Der Journalist will sich nicht einschüchtern lassen und glaubt an seine Recherche: „Ich bin mir sicher, dass Ofer vor Gericht verlieren wird.“ Die Spende an das Museum hat Ofer jedenfalls schon zurückgezogen. BASTIAN BRINKMANN
■ Weitere Infos zu Miki Rosenthal und seinem Film: www.shakshuka-movie.com