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BulgarienFolter-Vorwürfe gegen Libyen

Zwei Bulgarinnen haben ausgesagt, in libyscher Haft misshandelt worden zu sein - teilweise mit Stromschlägen. Deswegen habe es einen Selbstmordversuch gegeben.

Bulgarische Krankenschwestern vor ihrer Freilassung Bild: dpa

HAMBURG taz/dpa Zwei der fünf bulgarischen Krankenschwestern, die in der vergangenen Woche aus libyscher Haft entlassen worden sind, haben schwere Vorwürfe gegen Libyen erhoben. "Man schlug mich mit Büchern in den Nacken und mit Schläuchen auf die Fersen", sagte die 41 Jahre alte Krankenschwester Nassja Nenova dem Online-Magazin "stern.de". Vier bis fünf Mal sei sie außerdem mit Stromschlägen gefoltert worden. "Sie legten mich auf ein Bett und verbanden meine Hände und Füße mit Kabeln. Mit einem Gürtel schnallten sie mich unter der Brust fest, damit ich mich nicht bewegen konnte. Es sind unbeschreibliche Schmerzen." Um der Folter zu entgehen, unternahm sie in Isolationshaft einen Selbstmordversuch.

Sie, die Krankenschwester Kristijana Valtscheva und der palästinensischstämmige Arzt Aschraf el Hadschusch seien so lange gefoltert worden, bis ihre Aussagen übereinstimmten, berichtete Nenova weiter. Auch die 55 Jahre alte Krankenschwester Sneschana Dimitrova bestätigte, dass sie mit Strom gefoltert worden sei. In einem Interview mit dem "stern" berichtet sie, dass sie außerdem an ihren zusammengebundenen Händen unter einem Türrahmen aufgehängt wurde. Schwerer noch als der körperliche Schmerz seien aber die psychischen Folgen der Haft. Um die Trennung von ihren Angehörigen zu verkraften, habe sie mit Steinen und Sternen gesprochen und sich vorgestellt, zwei der Gefängniswärter seien ihre Kinder.

Dimitrova sagte weiter, unter den Krankenschwestern habe es all die Jahre starke Spannungen gegeben, weil zwei von ihnen Geständnisse geschrieben und darin auch die anderen Frauen schwer beschuldigt hätten. Diese Geständnisse seien zwar unter Folter entstanden, trotzdem habe Dimitrova dafür kein Verständnis: "Ich hatte dieselbe Hölle durchlaufen wie sie, aber ich habe niemanden verraten."

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1 Kommentar

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  • CM
    Christian Münster

    Müssen wir Folteropfer auch in der Presse gegeneinander ausspielen. Nun nicht gut, aber weltweit wird gefoltert, ich hoffe, ich befinde mich auf der Insel der Seeligen, wo nicht gefoltert wird. Nun frage ich mich aber, in wie viel, "befreundeten" Staaten wird gefoltert? Ich halte ja nun Guantanamo, obwohl es Kuba ist, wahrscheinlich sind die Methoden auf beiden Seiten des Grenzzaunes die gleichen, nicht für einen Hort der Humanität, nur sind die armen Krankenschwestern denkbar ungeeignet irgendwelche Defizite in Bezug auf Menschlichkeit oder Gerechtigkeit zu sein, sie waren einfach Spielball der Politik. Die Guantanamohäftlinge haben keine derartige Chance, weil die Weltöffentlichkeit hält sie evtl. immer noch für böse Terroristen.