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Buhmann Noriega

■ Jeden Abend flimmert er fäustereckend über US–amerikanische Bildschirme: der neue Böse aus Panama, der einfach nicht zurücktreten will, so sehr die USA auch drängen

Vor der Glotze Stefan Schaaf

Seit Tagen ist es jeden Abend dasselbe: Kaum flimmern die Abendnachrichten, taucht ein pokkennarbiger General auf dem Bildschirm auf, grinst verächtlich in die Kamera und reckt die Faust. Jedesmal erscheint danach ein wohlgekleideter Herr in der Röhre, räuspert sich und wiederholt mit tonloser Stimme, was er schon am Vortag zum besten gegeben hat: Der Fäusteschüttler soll doch aufhören zu grinsen, zurücktreten und endlich ins spanische Exil gehen. Doch der General muß in seiner Kindheit ein ungezogener Bengel gewesen sein, denn er tut auch heute noch nicht, was ihm der große Bruder sagt. Er tritt und tritt nicht zurück. Der „strongman“ gräbt sich stattdessen in seinem kleinen Land ein, in dem es schon länger keine Dollars und nun auch keine geöffneten Geschäfte mehr gibt. Der große Bruder rauft sich die Haare, schimpft und tobt, schickt jeden Tag mehrere Regierungssprecher vor die Kameras, wo sie sich räuspern, drängeln und drohen, damit am Abend die Fernsehzuschauer auch mitbekommen, was für ein ungezogener Kerl dieser General ist. Er ist nicht nur ungezogen, er hat auch mit Drogen gedealt, der Böse. Keine gute Idee heutzutage, wenn man sich mit den USA auf guten Fuß stellen will: Drogendealer sind im Zeitalter eines abrüstenden Ronald Reagan Ersatz für die Kommis geworden. Die neuen Buhmänner handeln eben nicht mehr mit der Weltrevolution, sondern mit weißen Pulver. Der Effekt ist der gleiche: Sie verderben die kleinen Kinder schon vom zweiten Schuljahr an. Deswegen bekam der grinsende General vor einigen Wochen eins vom Staatsanwalt auf die Mütze, die Anklage aus Miami setzte die Polit–Klamotte in Gang, die wir nun seit längerem jeden Abend serviert bekommen. Die Mächte der Finsternis haben sich in einem einzigen Mann personifiziert, während die des Lichts überall sonst ihre Köpfe emporstrecken, in Panamas Opposition, im Kongreß in Washington und im Weißen Haus. Der verbale Krieg gegen Noriega tobt mit aller Härte. Und wenn er endlich nicht mehr die Faust gegen die Kamera schüttelt, sondern in seinem spanischen Bettchen liegt, dann scheint die Sonn in Panama ohn Unterlaß, und die Demokratie wird alle Rekorde brechen, denn dann ist die Welt wieder in Ordnung.

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