Bürgerschaftswahl: Rot-Grün deutlich gestärkt
Die beiden Koalitionspartner haben zusammen fast 10 Prozentpunkte dazugewonnen, alle drei Oppositionsparteien haben herbe Verluste erlitten
Als der rote Balken der ZDF-Prognose bei der 38 stehen bleibt, explodiert der Jubel in der "Ständigen Vertretung". Dort, in der Böttcherstraße, feierte die SPD ihre Wahlparty. Und für diesmal war das Wort Party angemessen: Klar war man sich sicher gewesen, wieder stärkste Kraft zu werden. Aber groß war doch die Sorge, das schwache 2007-er Ergebnis gerade mal zu wiederholen, oder sogar leicht darunterzubleiben.
Das Fernsehen zeigte gerade die CDU-Versammlung, der Ton wurde leise gedreht, als die Spitzenkandidatin Karoline Linnert kurz nach 18 Uhr zur grünen Wahlparty kam. "Karo, Karo" skandierten die BesucherInnen. "Es tut mir gut", bedankte sie sich und gab den Dank strahlend zurück. "Alle Wahlziele" seien erreicht worden, erklärte sie - seit der ermutigenden Umfrage im Januar hatten die Grünen gehofft, die CDU zu überholen und zweite Kraft im Lande Bremen werden zu können.
Im Jahre 2007 hatte Jens Böhrnsen die Sozialdemokraten aus der streithaltigen rot-schwarzen Koalition heraus auf gerade mal 36,7 Prozent geführt, das zweitschlechteste Ergebnis seit Gründung der Republik. Das Balkendiagramm der ersten Vorhersagen hat diesmal für die Genossen eine durch und durch euphorisierende Wirkung nicht nur wegen der 38 Prozent: Die CDU bei 20 Prozent - Jubel. Die Grünen mit 22 zwar zweite Kraft, aber doch nicht ganz so in den Himmel geschossen wie die letzten Umfragen prophezeiten - gute Sache das. Und die FDP draußen, hoho! Und Die Linke unerwartet schwach - ja kann es denn was besseres geben.
Und dann kommt Jens Böhrnsen. Es gibt eigentlich gar keinen Platz, die Leute stehen sich auf den Füßen - zum Glück sind Kölsch-Gläser so flach!! - und wo kein Platz wäre, können alle noch immer ein Stückchen zusammenrücken. Böhrnsen ist leicht rot angelaufen vor Glück, schüttelt die Hände links und rechts. In respektvollem Abstand folgen die SPD-Senatsmitglieder und die Senatskanzlei, schließlich erreicht der Tross die Bühne. Die Menge johlt, rhythmisches Stampfen - der Vorname Jens lässt sich nicht skandieren. Es dauert, bis Böhrnsen ein paar Worte des Danks und der Freude zu Gehör bringen kann, Dank für den engagierten Wahlkampf, "bei dem wir auf die Menschen zugegangen sind, während andere sich mit falschen Hafenarbeitern geschmückt haben". Damit spielte er auf das CDU-Wahlplakat an. Man werde die "Politik der vergangenen vier Jahre fortsetzen", so Böhrnsen, die er "eine Politik des sozialen Ausgleichs" nennt. "Und es gibt auch keine theoretisch-rechnerische Möglichkeit für Grün-Schwarz", ruft Böhrnsen, "und das ist auch gut so."
Linnert hatte schon vor der Wahl versichert, dass für sie auch eine rechnerische Möglichkeit keine politische Möglichkeit ist. Für die kommende Legislaturperiode versprach sie eine "starke grüne Handschrift", nach dieser eindrucksvollen Bestätigung ihrer Regierungstätigkeit wollten die Grünen "mehr Verantwortung in der Regierung" übernehmen. Ob das bedeutet, dass sich an der Verteilung der Senatsressorts etwas ändert, oder nur an den Zuschnitten der Ressorts, das ließ sie offen. Wie sowohl bei der SPD wie bei den Grünen versichert wird, ist darüber nachgedacht, aber nicht geredet worden. Wenn Linnert die "starke grüne Handschrift" mit Spiegelstrichen konkretisiert, dann bleibt das auch eher allgemein: Klimawandel, Haushaltspolitik, Bildungspolitik. "Seriöse Politik für alle Menschen" wollten die Grünen machen.
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