Bürgermeisterwahl in Kleinmachnow: Negativtest für die Ministerin
In der Grünen-Hochburg liegt die Grüne Alexandra Pichl weit hinten. Damit scheint auch Annalena Baerbock im Bundestagswahlkreis Potsdam chancenlos.
Die 20.000-Einwohner-Gemeinde direkt am südlichen Berliner Stadtrand gilt als Grünen-Hochburg, nicht nur bei der Landtagswahl im September hat ihre Partei dort ihr landesweit bestes Ergebnis erzielt. Zahlenmäßig wohnen in der Gemeinde zwar nur rund 7 Prozent jener 232.000 Menschen, die auch am 23. Februar bei der Bundestagswahl im Wahlkreis mit dem offiziellen Namen „Potsdam – Potsdam Mittelmark II – Teltow-Fläming II“ abstimmen dürfen. Als Hochburg der Partei aber erlaubt das jetzige Ergebnis durchaus gewisse Einschätzungen für Baerbocks Chancen in vier Wochen.
Denn gegenüber der Kommunalwahl im Sommer 2024, als es um Sitze in der Kleinmachnower Gemeindevertretung ging, zeigen sich große Veränderungen. Damals erhielt Grünen-Kandidatin Pichl über 2.500 Stimmen, während ihr jetziger SPD-Konkurrent Markus Schmidt nur auf 1.547 kam und der CDUler Bodo Krause auf 1.068.
Am Sonntag hingegen setzte sich CDU-Bewerber Krause, der auf seinen Wahlplakaten mit einem herausgehoben „Bodo“ jovial für sich warb, deutlich vor Schmidt und Pichl durch. 46,1 Prozent stimmten für ihn, 33,2 für den SPD-Mann und nur 20,7 Prozent für die Grüne. Bürgermeister ist Krause damit aber noch nicht: Dazu hätte es die absolute Mehrheit gebraucht, also 50 Prozent plus eine Stimme. Anders als in einem Bundestagswahlkreis gibt es deshalb am 16. Februar eine Stichwahl der zwei Bestplatzierten – Pichl darf nicht nochmal antreten.
Der erste CDU-Bürgermeister seit Ernst Lemmer
Krause wäre der erste CDU-Bürgermeister in Kleinmachnow seit 1946. Der damalige Amtsinhaber wurde ein bekannter Name der deutschen Nachkriegspolitik: der spätere Berliner CDU-Vorsitzende und mehrfache Bundesminister Ernst Lemmer. Um Krause noch abzufangen, müssten im zweiten Durchgang fünf von sechs bisherigen Grünen-Wähler auf seinen SPD-Konkurrenten umschwenken
Das derart stark verbesserte Abschneiden der CDU in Kleinmachnow lässt nicht allein Baerbock bei der Bundestagswahl chancenlos wirken. Es lässt auch an einem Scholz-Erfolg zweifeln – und wirft die Frage auf, ob nicht, bislang wenig beachtet, die Christdemokraten in Potsdam auf einen Wahlkreissieg hoffen können. Bei der Bundestagswahl 2017 noch lag die CDU dort annähernd auf Augenhöhe mit der SPD, erst 2021 rangierte sie weit hinter der SPD und noch viel weiter bei den Erststimmen und Wahlkreissieger Olaf Scholz.
Damals aber, so war etwa bei den Grünen zu hören, habe man auch davon profitiert, dass für die CDU die selbst innerhalb ihrer Partei umstrittene frühere Landesvorsitzende Saskia Ludwig antrat. Die war damals schon dem rechten Flügel ihrer Partei zuzuordnen und galt damit als nicht sonderlich attraktiv für eine bildungsbürgerliche Potsdamer Wählerschaft irgendwo zwischen SPD, Grünen und CDU. Noch vor wenigen Tagen machte Ludwig erneut Schlagzeilen, als sie sich für eine Koalition mit der AfD aussprach.
Chancen für CDU-Stadtverordnete
Am 23. Februar aber tritt sie nicht in Potsdam, sondern im Nachbarwahlkreis an. Gegen Baerbock und Scholz kandidiert die überregional unbekannte, aber über verschiedene CDU-Funktionen vor Ort und als Referentin im Bundestag gut vernetzte Potsdamer Stadtverordnete Tabea Gutschmidt. Sie wirbt für sich mit dem Satz: „Es braucht jetzt einen Neuanfang mit neuen Gesichtern, die für eine andere Politik stehen – ich bin eines davon.“
Die CDU hat zwar nach besserem Abschneiden bei der Europawahl im Juni bei der Landtagswahl im September starke Verluste erlitten. Doch war diese Wahl von einer Polarisierung zwischen der von ihrem beliebten Spitzenkandidaten Dietmar Woidke angeführten SPD und der AfD gekennzeichnet. Angesichts der großen Führung der CDU in bundesweiten Umfragen ist zu erwarten, dass sich das auch in Potsdam niederschlägt. Das gilt umso mehr nach dem überraschenden Erfolg in Kleinmachnow.
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