Bürgerkrieg in Syrien: Russland und Türkei sprechen sich ab
Die USA wollen sich aus Syrien zurückziehen. Deswegen kündigen jetzt zwei andere Kriegsparteien an, stärker zusammenzuarbeiten: Russland und die Türkei.
Man habe sich auf Schritte geeinigt, um alle Regionen Syriens von terroristischen Gruppen zu befreien, betonte der türkische Chefdiplomat Mevlut Cavusoglu. Details wurden nicht genannt.
Bei dem nach Angaben der Agentur Anadolu 90 Minuten dauernden Treffen waren auch der türkische Verteidigungsminister Hulusi Akar und dessen russischer Kollege Sergej Schoigu anwesend. Dabei soll auch ein mögliches Treffen des russischen Staatschefs Wladimir Putin mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan im kommenden Jahr Thema gewesen sein.
Die US-Regierung hatte vor etwas mehr als einer Woche überraschend den Abzug ihrer Bodentruppen aus Syrien verkündet, da die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) in Syrien weitgehend besiegt sei. Nach Angaben des Weißen Hauses wurde bereits damit begonnen. Der Prozess könnte mehrere Monate dauern. Er verschiebt die Machtbalance im Land.
Eigentlich auf unterschiedlichen Seiten
Russland und die Türkei spielen bei dem Konflikt eine wichtige Rolle: Moskau ist einer der wichtigsten Unterstützer des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad und hält auch Militärstützpunkte in dem Land. Die Türkei, die eigentlich auf der Seite der Rebellen steht, will auch gegen die Kurdenmiliz YPG vorgehen, die im Norden und Osten Syriens große Gebiete kontrolliert. Die Regierung in Ankara sieht in der YPG einen Ableger der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK und und hat sie als Terrororganisation eingestuft.
Die USA stehen an der Spitze einer internationalen Koalition, die in Syrien die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) aus der Luft bekämpft. Ihr wichtigster Verbündeter am Boden ist die Kurdenmiliz YPG, die im Nordosten des Landes die Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF) anführt. Sie wird dabei von den US-Truppen unterstützt, die nun abgezogen werden sollen. Die Türkei hatte zuvor gedroht, in das Gebiet einzumarschieren.
Minister Schoigu hatte zu Beginn der Gespräche betont, man werde auch über die Lage in der Provinz Idlib und die Sicherheitszone diskutieren. Putin und Erdogan hatten sich im September bei einem Treffen geeinigt, dort eine entmilitarisierte Zone einzurichten.
Kurdenmilizen bitten syrische Armee um Hilfe
Die Kurdenmilizen fühlen sich nach dem angekündigten Truppenabzug der USA im Stich gelassen und suchen deshalb neue Verbündete. Die syrische Armee verlegte auf Bitten kurdischer Milizen Truppen in die Stadt Manbidsch an der Grenze zur Türkei.
Angesichts eines drohenden Einmarsches der Türkei in Nordsyrien habe man die syrischen Regierungseinheiten eingeladen, die Kontrolle über Gebiete um Manbidsch zu übernehmen, teilte das Generalkommando der Kurdenmiliz YPG am Freitag mit. Die syrische Armee erklärte daraufhin, Regierungstruppen seien in das Gebiet verlegt worden und hätten ihre Fahne in Manbidsch gehisst.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja
Die Wahrheit
Der erste Schnee