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Bürgerkrieg in SyrienDas Regime schlägt zurück

Das syrische Militär hat in mehreren Städten die Aufständischen angegriffen. Diese wollen unterdessen Assads Chemiewaffen unter ihre Kontrolle bringen, berichtet ein Überläufer.

Nach den Kämpfen: Straßenszene im südlichen Damaskus. Bild: dapd

DAMSKUS/KAIRO dpa | Mit Beginn des Fastenmonats Ramadan hat das syrische Militär eine massive Gegenoffensive gegen die Aufständischen gestartet. Nach Angaben der Opposition überrannten die Regierungstruppen am Samstag einen Vorort von Damaskus. Nördlich der Stadt Homs seien Truppen zusammengezogen worden. Die Handelsmetropole Aleppo war den zweiten Tag in Folge heftig umkämpft.

Die Rebellen kündigten an, sie wollten die gefürchteten Chemiewaffen des Assad-Regimes unter ihre Kontrolle bringen. „Wir haben eine Gruppe, die die Chemiewaffen sichern soll“, sagte General Adnan Silou, ein ranghoher Überläufer zur Freien Syrischen Armee, der britischen Zeitung Daily Telegraph. Silou, der unter Assad selbst für die Waffen zuständig war, sprach von zwei Lagerstandorten für Giftgas - einer östlich von Damaskus, einer nahe Homs. Syrien soll größere Mengen der Kampfstoffe Sarin und Senfgas besitzen.

Aus dem Umland von Damaskus wurden heftige Gefechte gemeldet. Bei dem Angriff auf die Vorstadt Schaba soll das Militär von regimetreuen Milizen unterstützt worden sein. Die syrischen Menschenrechtsbeobachter in London berichteten, dem Angriff sei schwerer Artilleriebeschuss vorausgegangen, bei dem mindestens ein Zivilist starb und Dutzende weitere verletzt wurden.

Im Damaszener Oberklasse-Viertel Al-Messe, wo viele höhere Offiziere der Sicherheitskräfte leben, gelang es Rebellen der Freien Syrischen Armee (FSA) nach eigenen Angaben, einen Militärstützpunkt einzunehmen. Wie für alle anderen Informationen gab es dafür von unabhängiger Seite keine Bestätigung.

In der zweitgrößten syrischen Stadt Aleppo lieferten sich Militär und Rebellen über weite Strecken des Tages heftige Kämpfe. Erst am Nachmittag habe sich die Lage etwas beruhigt, schilderte eine örtliche Aktivistin dem Nachrichtensender Al-Dschasira. Die Handelsmetropole im Norden war bislang von den bewaffneten Auseinandersetzungen weitgehend verschont geblieben.

Grenze zur Türkei in Rebellenhand

In Deir as-Saur, der wichtigsten Stadt im kurdischen Nordosten, kamen im Artilleriebeschuss der Regimestreitkräfte mindestens drei Menschen ums Leben, darunter ein sechsjähriges Kind. Insgesamt starben nach Oppositionsangaben bis zum Nachmittag landesweit mindestens 59 Menschen. Am Freitag hatten die syrischen Menschenrechtsbeobachter knapp 240 Tote gezählt.

Die Grenze zur Türkei war dagegen nach Angaben der türkischen Zeitung Hürriyet fest in Rebellenhand. Sieben der acht Grenzübergänge würden mittlerweile von Kämpfern der FSA kontrolliert. Reisende aus Syrien berichteten allerdings einem Al-Dschasira-Reporter am Übergang Bab al-Hawa, dass nur wenige Kilometer landeinwärts das syrische Militär den Verkehr kontrolliere.

Das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR schätzt, dass seit Beginn der Aufstände vor 16 Monaten rund eine Million Syrer aus Angst um ihr Leben ihre Heimatstädte verlassen haben. Syrien hat 21 Millionen Einwohner.

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3 Kommentare

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  • T
    toyak

    Ich bin - da können sie mir glauben - über die Verhältnisse in Syrien bestens informiert.

     

    Alle Missstände lassen sich in Syrien beseitigen, aber eben nicht durch Hetze gegen ethnische Minderheiten und Einsatz von Waffen, die von Saudis geschickt werden. Merken Sie etwas nicht?

    Welche Interesse haben die Saudis an einem demokratischen System in Syrien. Diese Verbrecher wollen nur eins, Iran schwächen. Dafür sind sie bereit die 21 Millionen Syrer zu opfern.

    Die Saudis töten die Demonstranten in eigenem Land und gleichzeitig finanzieren Sie den Krieg in Syrien.

     

    Ich träume von einem Syrien, in dem keine Geheimdienste, keine Foltergefängnisse gibt, in dem eine multikulturelle Gesellschaft friedlich miteinadnerer leben, wie sie bis jetzt gelebt hat.

  • A
    Ant-iPod

    Geschätzter TOYAK:

     

    Mir deucht, Sie missverstehen und zwar sehr gründlich:

     

    Assad soll seine Soldaten nicht unbewaffnet in Wohngebiete schicken - er soll sie gar nicht dahin schicken.

     

    Was man sich stattdessen von ihm wünschen könnte - weil, es sind ja erst 18 Monate vergangen und über 17.000 Syrer tot - wäre mal eine politische Initiative, die tief gespaltene, syrische Gesellschaft wieder zusammen zu führen.

    Er kann jederzeit einmal diejenigen Staatsbediensteten, die sich der Folter udn der Korruption, des Mordes und anderer Verbrechen schuldig gemacht haben, dafür auch vor Gericht stellen. Wenn er Beweismaterial benötigt, so wird er durch die lokalen Oranisationskommitees der zivilen, syrischen Opposition - die es in seinem Fernsehen und nur dort ja gar nicht gibt - sicher viel Material erhalten.

    Er ist doch so Internet-affin... dann wird er sicher an diese Organisationskommitees via Internet herantreten können.

     

    Auch wäre eine wirklich freie Verfassung mit Gewaltenteilung und so, ein guter Schritt in die richtige Richtung - alles Dinge, für die er keinen einzigen Soldaten ins Feuer schicken muss.

     

    Und um das ganze noch ein wenig ins Verhältnis zu setzen:

    Sehen Sie sich bitte die Bilder von Homs an... dort gibt es Stadtviertel, die blühen und gedeihen und Stadtviertel, die in Schutt und Asche liegen - da war auch kein Soldat, denn die haben Feige aus mehreren Kilometern Entfernung mit Artillerie geschossen.

    Das soll er einstellen - denn die CIA und Blackwater bilden zwar Infanteristen im Schießen und in der Taktik aus... stellen aber weder Artillerie, noch Panzer, noch Hubschrauber - genau genommen kein einziges Kaliber über 5cm.

     

    Sie müssen die syrische Opposition nicht mögen - aber wenn Sie Syrien und die Syrer mögen, dann sind Sie sicher auch für Freiheit und Demokratie, damit der Wille der Syrer auch objektiv gebildet und transparent nachgeprüft werden kann.

    Was es dazu nicht braucht, sind 17 Geheimdienste, die über dem Gesetz stehen, es braucht keine Foltergefängnisse und es braucht keine Familienclans, die die wichtigsten Positionen in Staat und Wirtschaft nach Gutsherrenart verteilen und sich auf Kosten des eigenen Volkes persönlich bereichern.

    Googlen Sie hierzu gerne zu den Vermögenswerten der Assad's und Machloufs und vergleichen Sie diese bsw. mit der Präsidentenapanage.

  • T
    toyak

    Das Regime muss nach Ansicht von verlogenen westlichen Medien zuschauen, wie die Terroristen ethnische Minderheiten massakrieren, vernichten, Soldaten in die Luft jagen usw. Schwere Waffen darf Assad nicht einsetzen. Auf der anderen Seite werden die Terroristen mit modernsten Waffen bestückt, von CIA und andere Verbrechertruppe ausgebildet und zurück nach Syrien geschickt.

     

    Und TAZ sucht weitere Journalisten, die diese Kriegstreiberei unterstützt und den Terroristen als "Freiheitskämpfer" darstellt.

    Die westliche Medien ist ja bekannt bei Kriegstreiberei. Vergleichbare Propaganda hat man vor nicht langer Zeit verbreitet.

     

    Assad soll seine Soldaten in die Wohnviertel schicken, natürlich ohne Waffen, damit sie von Terroristen leichter ermordet werden.

    Es leben unsere westliche Doppelmoral und unsere Freiheitskämpfer, die unsere geopolitische Interessen wahren.