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Bürgerbeteiligung bei GroßprojektenReden schadet nicht

Die Bürger sollen früher als bislang an der Planung von großen Infrastrukturprojekten beteiligt werden. Das soll Gerichtsverfahren überflüssig machen.

Auch so ein Infrastrukturprojekt: Das 2008 eingeweihte Teilstück Suhl-Lichtenfels der A73. Bild: ap

Autobahnen, Landebahnen, Bahnhöfe – immer wieder sorgen große Infrastrukturprojekte für Ärger. Der Vorwurf: Die Bürger werden erst dann gefragt, wenn ein Großteil der Planungen erfolgt ist. Den Projektgegnern bleiben nur die Wege durch die Gerichte, um ihre Interessen zu vertreten. Das dauert.

Nun will das CSU-geführte Innenministerium Abhilfe schaffen und die Öffentlichkeit früher einbinden. Im Zentrum steht dabei ein Gesetz, das nach dem Motto "Je interessanter der Inhalt, desto schrecklicher der Name" Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVFG) heißt. Es regelt die Verfahren, nach denen Großprojekte geplant werden müssen.

Bislang ist vorgesehen, dass die Behörden betroffenen Bürgern oder bestimmten Verbänden vier Wochen lang die Möglichkeit zur Akteneinsicht geben müssen. Danach haben diese zwei Wochen lang Zeit, schriftlich Stellung zu beziehen. Bei einem anschließenden Erörterungstermin können sie ihre Bedenken noch einmal darlegen.

Das Innenministerium will diesem Verfahren nun einen "Bürgerdialog" vorschalten. Unternehmen oder Behörden mit Projektvorhaben sollen dazu verpflichtet werden, rechtzeitig die Öffentlichkeit zu informieren. So sollen die Antragsteller von vielen Einwänden schon erfahren, bevor sie in die konkrete Planung einsteigen. Vorgeschrieben ist der Dialog aber nicht.

Vereinfachen und beschleunigen

Zudem sollen einige Vereinfachungen, die Infrastrukturprojekte beschleunigen sollten, in das VwVFG aufgenommen werden. Dies bedeute keinen Einschnitt in die bisherigen Beteiligungsrechte, heißt es aus dem Ministerium. Ohne Kenntnis des Gesetzestextes lasse sich das kaum beurteilen, meinen Experten.

Auch die Sozialdemokraten haben kürzlich ein Konzept für ein moderneres Planungsrecht erarbeitet, das über die Pläne des Innenministeriums hinausgeht. Demnach sollen die Genehmigungsbehörden und öffentliche Planungsträger einen Bürgeranwalt einsetzen, der die Bürgerinnen und Bürger in allen Fragen der Beteiligung berät und auf die Einhaltung der Beteiligungsrechte achtet. Außerdem sollen verbindliche Qualitätsstandards für die Bürgerbeteiligung erarbeitet werden.

Mehr Transparenz im frühen Planungsstadium sei ein Schritt in die richtige Richtung, sagt Jürgen Quentin, Projektmanager Recht bei der Deutschen Umwelthilfe. Allerdings stecke der Teufel im Detail: "Es hat den Anschein, als solle das eigentliche Planfeststellungsverfahren verschlankt werden", sagt Quentin. Den Diskurs auszulagern und die echten Beteiligungsrechte einzuschränken habe aber keinen Sinn.

Petra Enders (Die Linke) kämpft als Bürgermeisterin des thüringischen Städtchens Großbreitenbach seit Jahren mit Bürgerinitiativen gegen eine Starkstromtrasse des Netzbetreibers 50 Hertz. Ein modernes Gesetz müsse nicht nur Unternehmen und Behörden zu absoluter Offenheit zwingen, sagt sie, es müsse auch für Waffengleichheit sorgen: So müssten die Antragsteller für die Kosten der Öffentlichkeit etwa für Gutachter aufkommen, damit betroffene Bürger auf Augenhöhe argumentieren könnten. Und: Ein Verfahren müsse ergebnisoffen geführt werden, das heißt: "Ein Projekt wird eben auch mal nicht umgesetzt", so Enders.

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4 Kommentare

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  • AB
    Arno BEsendonk

    Ja, so einen Chef, auch so ein Diplom Wichtich, habe ich auch. Selbst wenn es ein noch so kleines Problem ist - es muss so lange zerredet werden, bis niemand mehr weiß worum es geht; es werden so viele Unbeteiligte eingebunden, bis auch das Consulting Team Domplatte seinen Senf dazu gelallt hat.

    Es bringt zwar in der Sache nichts, es beruhigt ihn aber.

    Und im Großen ist es genauso: Siehe Stuttgart 21. Da wurde geschlichtet und dann doch gebaut!

  • OC
    ohnny Cynic

    Genau!

    Und so müssen die Bürger auch bei politischen Großprojekten wie der EU, der Einwanderungspolitik oder der Bildungspolitik im Vorfeld informiert und befragt werden.

    Oder ist das jetzt zu viel Demokratie?

  • M
    Mauermer

    Zitat: Der Vorwurf: Die Bürger werden erst dann gefragt, wenn ein Großteil der Planungen erfolgt ist.

     

    Und was bitteschön soll dem Bürger vorher gezeigt werden? Erst die Planung bis ins Detail, dann kann darüber geredet werden.

     

    Bürgeranwälte, so ein Unfug. Der, der dagegen ist, soll beweisen, warum. Es kann nicht angehen, dass der Bauherr auch noch die Kosten des Gegners trägt. Schon heute brauchen Großprojekte viel zu lange bis zur Umsetzung. S21 ist das beste Beispiel, 15 - 20 Jahre sind zu lang. Der Bau hätte spätestens nach fünf Jahren begonnen werden müssen. Von denen, die jetzt demonstrieren, waren viele zu Planungsbeginn noch gar nicht geboren!

     

    In den entsprechenden Gesetzen ist präzise festgelegt, wann die Öffentlichkeit zu beteiligen ist und in welcher Form. Völlig ausreichend! Nach eigener Erfahrung haben diese sog. "Wutbürger" schlicht weg alles und jeden Termin verschlafen und wollen im Nachhinein rechtlich sauber genehmigte Vorhaben torpedieren. Ein laute Minderheit beansprucht außerhalb der vorgesehen Verfahren des Rechtsstaates für sich allein die Deutungshoheit, im Fall S21 sogar noch nach einem Volksentscheid. Demokratie sieht anders aus.

  • OP
    Otto Pardey

    Wenn man bedenkt was einige Behörden für ein Irrsinn

    entscheiden und Steuergelder regelrecht aus dem Fenster werfen ist es an der Zeit,

    die Bürger in Projekte einzubeziehen!