piwik no script img

Bürger haben entschiedenHelgoland bleibt zwei Inseln

54,74 Prozent gegen Wiedervereinigung: Die Mehrheit der Helgoländer lehnt bei Bürgerentscheid eine Vergrößerung ihrer Nordseeinsel ab.

So soll es bleiben: Ein knapper Kilometer Wasser trennt die Insel Helgoland (l.) von ihrer kleinen Schwester Düne. Bild: dpa

HAMBURG dapd | Helgoland und die vorgelagerte Düne der Nordseeinsel bleiben weiter voneinander getrennt. Die Mehrheit der Helgoländer lehnte laut vorläufigem Ergebnis eines Bürgerentscheids am Sonntag eine mögliche Vergrößerung ihrer Nordseeinsel ab. 54,74 Prozent der Insulaner stimmten gegen eine Landverbindung von der Hauptinsel zur Düne, wie Tourismusdirektor Klaus Furtmeier am Sonntag mitteilte. 45,26 Prozent stimmten für ein solches Vorhaben. Wahlberechtigt waren 1.312 Helgoländer. Die Wahlbeteiligung lag bei 81,4 Prozent.

Der Oberbürgermeister von Helgoland, Jörg Singer, zeigte sich enttäuscht über das Ergebnis des Bürgerentscheids zur Inselvergrößerung. "Ich habe mich dafür eingesetzt. Touristisch entwickelt sich Helgoland wieder sehr gut nach vielen Jahren der zurückgehenden Zahlen. Aber sehr negativ ist die Entwicklung der Inselbevölkerung, die sich im Prinzip in den letzten 20 bis 25 Jahren halbiert hat", sagte Singer am Montag im ZDF-"Morgenmagazin". Menschen müssten begeistert werden, am Wasser und in der Hochsee zu leben.

Seit Jahren sinkt die Einwohnerzahl Helgolands. Während 1980 noch mehr als 2.000 Menschen auf Helgoland lebten, sind es derzeit nur noch 1.300. Befürworter wollen durch eine Vergrößerung die Wirtschaft und den Tourismus stärken. Geprüft werden soll nun, wie auf der Insel oder der Insel vorgelagert Flächen für Wohn-, Arbeits- und Gewerberäume geschaffen werden können.

Helgolands Bürgermeister Jörg Singer hatte in einem Bürgerbrieg für die Landverbindung geworben. Laut regionalem Entwicklungskonzept brauche Helgoland "für ein 'intaktes Inselleben' wieder wesentlich mehr Bürger, Gäste und Betriebe". Gegner des Projekts befürchteten jedoch, der Charakter der Insel könnte verloren gehen.

Über eine Landgewinnung wird auf Helgoland seit Jahren kontrovers diskutiert. Der Hamburger Investor Arne Weber hatte 2008 entsprechende Pläne vorgestellt. Sie sahen vor, durch eine Aufspülung Helgoland mit der vor der Hauptinsel liegenden Badedüne zu verbinden. Die Insel wäre dadurch von etwa 1,7 auf 2,7 Quadratkilometer gewachsen. Auf dem Neuland sollten ein Strand und mehrere Hotels geschaffen werden. Als Kosten waren damals etwa 80 Millionen Euro veranschlagt worden.

Ende Januar hatten sich auf einer Einwohnerversammlung in der Nordseehalle mehr als 85 Prozent von rund 200 anwesenden Helgoländern für eine feste Landverbindung zwischen der Hauptinsel und der vorgelagerten Düne ausgesprochen. Als Alternative zu einer festen Landverbindung war auch über eine Aufschüttung lediglich an der Landungsbrücke der Insel diskutiert worden.

Helgolands heutige Hauptinsel war noch bis ins 18. Jahrhundert mit der Düne über einen Wall verbunden. In der Silvesternacht des Jahres 1720 soll ein schwerer Orkan aus Nord-West den Wall mit sich gerissen haben. Seitdem ist die Düne nicht mehr trockenen Fußes von der Hauptinsel erreichbar, sondern nur noch mit dem Boot.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

11 Kommentare

 / 
  • G
    gramparson

    @ Feingeist

     

    Sie sind großartig. Die Seilbahn!

    Warum sind Sie nicht unser Bürgermeister?

    Die Seilbahn wäre genau das richtige für Helgoland.

    Deren Funktion wäre zwar vom Wetter abhängig, dass ist die Dünenfähre aber auch.

    Lustigerweise kostet die Hamburger Seilbahn:

     

    http://www.spiegel.de/reise/aktuell/0,1518,751757,00.html

     

    100 Millionen Euro. Bis jetzt...

    Genauso viel Geld, wie die unsägliche Inselaufschüttung kosten sollte.

    Das Geld ist da!

     

    Gute Ideen für Veranstaltungen haben wir auch.

    Die sind nicht erwünscht.

    Erwünscht sind die Karkfinken, 2x die Woche in der Musikmuschel, Schrammelmusik von Hobby-Musikern, Bratwurst und sehr viel Alkohol.

    Der Hubschrauber fliegt dann 5 - 6 mal am Wochende die alkoholvergifteten, überwiegend einheimischen und jugendlichen Patienten,auf das Festland.

     

    Von einem Besuch einer solchen typisch Helgoländer-Veranstaltung wie der Börteboot-Regatta, oder dem Inselfest, würden wir abraten.

     

    Weil wir aus eigener Erfahrung und als Augenzeugen darauf aufmerksam machen, dass Alkoholkonsum nicht stimmungsfördernd ist. Agressionen / Körperverletzung, Bedrohungen sind zu erwarten.

    Werden aber trotzdem von einigen in Kauf genommen.

     

    Der Dreck, zerfetzt von Möwen, liegt bis zum Vormittag auf den Straßen. Oder wird vom Wind in die Nordsee gespült. Denn diese Veranstaltungen sind von Helgoländern für Helgoländer. D.h. auch die Hygienefachkräfte feiern mit.

     

     

    Im Laufe der Nacht wird dann auch auf der Landungsbrücke geschissen. Die Straßen sind vollgekotzt, überall pesten Lachen von menschlichem Urin in den Ecken.

     

    Es regnet auf Helgoland nicht viel. Darum liegen die Reste der menschlichen Exkremente von der letzten Börteboot-Regatta immer noch an der Landungsbrücke.

    Am Wochenende ist dann wieder Inselfest.

    Wir erwarten weitere festliche Exkremente vor der Haustür.

     

    Naja, so ist das eben. Auch nicht anders als auf dem Festland, vermuten wir.

     

    Lieber Feingeist, vielleicht kontakten Sie mal folgende, sehr freundliche Kuratoren:

     

    http://www.paradox-online.de/Start/start.html

     

    Die könnten Ihnen schildern, wie unbeliebt Künstler auf Helgoland sind. Ach, Künstler...

    Besonders beliebt sind die auf dem Festland ja auch nicht.

     

    Jacke wie Hose.

     

    Gretnes van Lun

  • HN
    Hartwig Nagler

    Starnberg braucht keinen Tunnel!

  • G
    Gnuud

    Meine Familie wohnt seit ca. 1700 auf einer Watteninsel, ich habe dort meine Jugend verbracht und ich kann nur sagen: die Touristen sind ein Segen. Eine Vergrößerung würde Helgoland gut tun und wird langfristig auch kommen, davon bin ich überzeugt. Wer glaubt, dass Helgoland dann gleich eine Ballermann-Insel wird, kennt die Nordsee-Inseln nicht.

    Warum hat man die Helgoländer, die aus wirtschaftlichen Gründen die Insel verlassen mussten, nicht mitwählen lassen?

  • A
    Ahab

    Was hat DAS mit Gier zu tun ? Helgoland steuert nun in

    "Weiter so" - Manier in das Nichts. Es wird vorschnell über die Ausbeutung der Insel durch Investoren (es gibt noch gar keine) und Bettenburgen a`la Mallorca geklagt, ohne dass es auch nur Konzepte gäbe.

     

    Visionäre Projekte haben es in Deutschland schwer, insbesondere auf einer Insel, deren Duschnittalter der "Bevölkerung" bei 60 liegt..

     

    Schade für Helgoland. Als Besucher der Insel hätte ich mir einen touristischen Ausbui mit Augenmass und -vor allem- eine Infrastruktur gewünscht, damit Menschen gern dort wohnen. Ich werde es jedenfalls auf absehbare Zeit nicht. Sollen es die Robben tun...

  • WR
    Wolfram Roger

    Bin ja eher freudig überrascht, dass die Insulaner so "vernünftig" sind. Was ich bisher noch nicht verstehen kann: die Argumantation, zuwenig Platz für Gästebetten und Wohnraum, wenn gerade darüber geklagt wurde, dass die Zahl der Touristen auf fast ein Drittel zurückgegangen ist, die Einwohnerzahl schrumpft... Ja was denn nun, wer soll denn die Gästebetten füllen, wer in den neuen Häusern wohnen, da müßte es doch bald Leerstand geben, wenn die Fakten stimmen.

  • KB
    karin bryant

    ganz offenbar wollen die Helgolaender keine Ballermann Insel die ihnen eine Vergroesserung unweigerlich gebracht haette. Dazu kommt auch wohl eine gesunde Portion Misstrauen gegen die Poltiker die ihnen diese Vergroesserung aufdringen wollten.

  • WB
    Wolfgang Banse

    Es bleibt so wie es ist

    Die Insulaner von Helgoland haben per Bürgerentscheid sich dafür ausgesprochen,dass es nach wie vor zwei getrennte Inseln es in der Nordseeinsel gibt.

    Diese Entscheidung ist zu akzeptieren und zu respektieren,im Bezug wir sind die Insulaner.

  • WB
    Wolfgang Banse

    Insulaner haben sich erklärt

    Insulaner der insel Helgoland haben sich erklärt,was ein Bürgerentscheid entspricht,dass sie weiterhin so bestehen bleiben möchten,wie sie es bis

    jetzt waren.Eine klare Ausage,ein klares Votum ,dass von allen akzeptiert und respektiert werden sollte

  • T
    Torben

    Mich würden ein paar Hintergründe interessieren, inwiefern der Helgoländer Mehrheitsentscheid sich tatsächlich generell gegen eine "Wiedervereinigung" gewandt hat. Gab es denn ein Alternativkonzept, vielleicht wollten sie ja einfach keine durchkommerzialisierte Touristenburg.

     

    Statt quantitativem Wachstum wäre vielleicht ein qualitatives Wachstum vermittelbar gewesen. Ich stelle mir als Auenseiter eine von Spazierwegen abgesehen naturbelassene Verbindung sehr attraktiv vor. Die Bettenzahlen schießt man mit sowas natürlich nicht nach oben, aber die Zufriedenheit der Gäste und Bewohner womöglich durchaus.

  • F
    Feingeist

    Wohl die richtige Entscheidung. Was nun? Nun das Fusel-Segment und -Image mal etwas nach oben ziehen (lokaler hochwertiger Whiskey?), die beiden Inseln evtl. mit einer günstigen offenen Seilbahn verbinden ("über das Meer schweben"), und mit Kunst und Kultur und morbid-authentischem Charme ein neues, exklusives, Stille wie Hochprozentiges schätzendes Ästheten-Publikum locken (etwa modernes Theater, Kunst-Ausstellungen, Literatur-Lesungen, oder ein thematisches Filmfestival oder eins für elektronische Musik, von Fachleuten ausrichten lassen, dabei aber nicht auf den erstbesten Schaumschläger und Marktschreier aus dem Kulturbereich hereinfallen, sondern renommierte Leute kuratieren und einladen lassen, und die Resultate dann auch erst mal so hinnehmen, auch wenn sie einem "spanisch" vorkommen). Die eigene Verschrobenheit und Melancholie offensiv herausstellen und damit werben, gerade außerhalb der Hauptsaison. Die taz hat hier ja netterweise bereits "Vorarbeit" geleistet, auch wenn es ihr nicht gedankt wurde.

  • P
    Paria

    Vernunft siegt über Gier. Mein Respekt gilt den Helgoländern...