: Bürger Astronaut
■ Cosmokinetic Cabinet Noordung ab heute beim Sommertheater-Festival
Dragan Zivadinov ist ein heiterer Gesell. Mit bübischem Grinsen flegelt er sich in die Stuhlreihen der leeren Halle 6, wo gerade die Bühne für sein Anti-Theater-Theater Noordung Prayer Machine aufgebaut wird, und wasserfallt über sich, sein Projekt und die Neue Slowenische Kunst. Diese Gruppe, deren Theater-Sektion Zivadinovs Cosmokinetic Cabinet Noordung ist, spielt seit Beginn der Achtziger ihr oft provokantes, aber im Grunde ironisches Spiel mit plakativen Symbolen. Bekannt geworden durch ihre Musikabteilung Laibach und deren vielfach mißverstandene Inszenierung von faschistischen und stalinistischen Signets in Verbindung mit brachialen Krachgebilden, wurde die Neue Slowenische Kunst zum Aushängeschild slowenischer Avantgarde-Kunst.
Sowohl Laibach als auch Cosmokinetic Cabinet Noordung beschäftigen sich inzwischen in pathetischer Künstlichkeit mit dem Komplex „Technik und Kunst“. Zivadinov hat hier die Rolle des Konstrukteurs von todernsten Narrheiten. Seine Hommage an einen angeblich verkannten slowenischen Hobbywissenschaftler, der sich als erster mit der Entwicklung von Satelliten beschäftigt haben soll, nämlich Hermann Potocnik Noordung, steht im Zentrum seines abstrakten Theaters.
Auf einer Bühne aus gerasterten Balken, unter denen das Publikum sitzt, tanzt das Slowenische Nationalballett einen mechanisierten Spitzentanz. Die Gebetsmaschinen sind Telefonzellen mit Noordungs Konterfei am Kopf. In dreiundzwanzig Szenen treten nun Noordung, Astronauten, weibliche Diplomaten, der Sonnenkönig und viele andere auf und ein Libretto gibt es auch.
Inzwischen kann man übrigens auch Bürger des Staates Neue Slowenische Kunst werden, der bereits Botschaften in einigen Weltstädten (Berlin, Moskau, Gent, demnächst Peking) unterhält. tlb
Heute bis Sonntag, jeweils 20 und 22 Uhr, Halle 6
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