■ Bündnisgrüne bekräftigen ihre Ablehnung der Gentechnik: Der nächste Streit kommt bestimmt
Der innerparteiliche Streit um das Für und Wider der Gentechnologie wird Bündnis 90/Die Grünen auch weiterhin begleiten. Auf ihrer Berliner Tagung ist am Wochenende zwar die grundsätzliche Ablehnung der Gentechnologie in all ihren Anwendungsbereichen noch einmal bestätigt worden. Doch die nächste Runde, in der diese Position erneut zur Diskussion steht, ist schon eröffnet: Spätestens, wenn es um das Wahlprogramm für die Bundestagswahl geht, wird die Streitfrage wieder auf der Tagesordnung stehen. Der trennende Riß in Sachen Gentechnologie geht nicht nur durch die Gesellschaft, auch die grüne Parteibasis tut sich schwer, einen für alle Akteure tragbaren Kompromiß zu finden.
Unübersehbar war auf der Berliner Tagung, daß ein Teil der grünen Parteimitglieder nach einer tragfähigen Brücke suchen, um ohne großen Gesichtsverlust nach der Bundestagswahl in eine rot-grüne Regierung einzusteigen. Denn eins scheint allen grünen Funktionsträgern klar zu sein: Eine grundsätzliche Ablehnung, ja selbst schon eine Formulierung, die von einem „Zurückdrängen“ der Gentechnologie spricht, ist für die sozialdemokratische Partei noch nicht einmal diskussionswürdig. Ein Regierungsprogramm, in das vielleicht sogar noch ein Ausstieg aus der Gentechnologie als Programmpunkt aufgenommen wird, ist mit der SPD nicht machbar.
Die Erfahrungen mit Rot-Grün haben es bereits gezeigt: In den Bundesländern Hessen, Nordrhein- Westfalen, Schleswig-Holstein und auch in Sachsen- Anhalt – alle mit rot-grünen Regierungen – sind die genkritischen Positionen weitgehend über Bord gekippt worden. Die SPD hat sich in all diesen Bundesländern durchgesetzt: Nordrhein-Westfalen setzt auf die Gentechnologie als Innovation für das nächste Jahrtausend. Die hessische Landesregierung macht einen Kotau nach dem anderem, um ihr gentechnikfeindliches Image wieder loszuwerden. Und in Schleswig-Holstein traut sich die grüne Parteibasis noch nicht einmal, kritische Anfragen ins Landesparlament einzubringen, die die rot-grüne Regierung in Erklärungsnot bringen könnten.
Der nächste Prüfstein für Bündnis 90/Die Grünen sind die derzeit in Hamburg laufenden Koalitionsverhandlungen. Sie werden zeigen, ob die Schere zwischen grünen Programmpunkten und Regierungspolitik noch weiter auseinandergeht. Wahrscheinlich wird schon der Bundesparteitag der Grünen im November versuchen, die Entscheidung zu korrigieren. Wolfgang Löhr
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