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Bücher für RandgruppenKackt woanders!

Oder was soll man Hunden sagen? Sonya Fitzpatrick kommuniziert mit Tieren

Kennen Sie das? Ganz unvermittelt habe ich an etwas ganz Absurdes gedacht, in diesem Fall an eine Kohlmeise, und plötzlich ist sie da. Sitzt am Fenster. Hat sich niedergelassen und hackt auf einem mitgebrachten Sonnenblumenkern herum.

Spirituelle Verbindungen zwischen Mensch und Tier untersucht die Amerikanerin Sonya Fitzpatrick. Ihr Buch heißt „Was mir die Tiere erzählen“ und zeigt auf violettem Cover den hypnotischen Blick eines blonden Hundes mit heraushängender Zunge. Eigentlich ist Sonya Fitzpatrick Schriftstellerin, aber ihre Preise, so ist dem Klappentext ihres Werkes zu entnehmen, hat sie für ihre journalistischen Arbeiten bekommen. Welche Preise? Den Preis der Tierspiritualistischen Vereinigung oder der Freunde der Katzenhypnose? Das wird wohlweislich nicht verraten. Denn in diesem vielfach noch unerforschten Terrain ist höchste Geheimhaltung angesagt. Monatelang lag das Buch achtlos bei mir herum, und eigentlich wollte ich es gar nicht besprechen. Aber als ich kurz nach Neujahr mit neuen Schuhen in cremig-ockerfarbene Kreuzberger Hundescheiße trat – dieses leider erst an der Haustür bemerkte –, nahm ich mir die Lektüre vor. Denn sie zeigt einen Weg auf, mit Tieren direkt in Kontakt zu treten.

Eigentlich hatte ich vor, zukünftig den mitten auf den Bürgersteigen kackenden Hunden direkt meine Meinung zu sagen: „Wenn ihr schon auf dem Gehweg euer Geschäft verrichtet, könnt ihr es nicht wenigstens an der Bordsteinkante der Straße tun, dort, wo der Regen eure Exkremente in den Gully spült? Das kann doch wirklich nicht so schwer sein!“ Auch Sonya Fitzpatrick stellt Fragen, allerdings mehr aus der umgekehrten Richtung: „Wie oft höre ich begeisterte Tierliebhaber sagen: Ich wünschte, es gäbe einen Weg, wie ich erfahren kann, was mein Tier denkt und fühlt!“

Die Expertin Fitzpatrick, ein so genannter „Animal Communicator“, antwortet selbstbewusst: Es gibt einen solchen Weg!, und sie spart nicht mit beeindruckenden Beispielen aus ihrer täglichen Praxis.

Da ist beispielswiese der Fall der Piratenschildkröte Jean Lafitte, die im Jahr 1993 einfach aufhörte zu essen – das vulgäre Wort „fressen“ kommt übrigens auf den 203 Seiten nicht vor! Grauer Schleim lief der Schildkröte bereits aus den Nasenlöchern, als die Autorin ihrer skeptischen Bekannten Pat, der Schildkrötenhalterin von ihrer telepathischen Gabe erzählte. Und dann telepathierte sie und erfuhr von Jean Lafitte, dass sie kurz vor dem Sterben sei, aber eigentlich Pats Familie liebe und sie nicht verlassen wolle. Was sie zum Gesunden benötige, sei ein größeres Becken, eine frische Filteranlage, eine grüne Pflanze und mehr Steinchen am Boden, damit sie nicht immer ausrutsche. Und außerdem einen treuen Gefährten, ein Goldfisch wäre ihr am liebsten.

Tatsächlich wurden im Zoogeschäft die Utensilien besorgt, aber als die Rede vom Goldfisch war, sah der Verkäufer Pat nur fassungslos an: „Sie können keinen Goldfisch mit einer Piratenschildkröte zusammentun. Sie wird ihn aufessen!“ Doch Pat wagte den Versuch. Tatsächlich erholte sich Jean Lafitte zusehends in ihrem neuen Heim mit ihrem neuen Freund. Leider hatte sich auch der Goldfisch zu sehr entspannt, nachdem er seine Panik verloren hatte, mit einer Schildkröte in einem Vierzig-Liter-Behälter eingeschlossen zu sein. Eines Tages war er spurlos verschwunden. Voller Angst rief Pat unsere Autorin Sonya an und bat um Rat. Nun, Sonya sprach mit der Schildkröte und erfuhr von dem beichtenden Amphibium die Wahrheit: „Ich habe ihn gefressen. Ich wusste, ich hätte niemals einen Fisch bekommen, wenn ich dir erzählt hätte, dass ich ihn fressen würde.“ Jean Lafitte hat Sonya zwar reingelegt, aber sie meint, ihre Freundin Pat tröste sich nun damit, dass der Fisch vielleicht einige Nährstoffe, Vitamine und Mineralien enthielte, die der Schildkröte das Leben gerettet haben. Übrigens hat sich Jean Lafitte zu einer regelrechten Klatschbase entwickelt, die die Autorin über alle Geheimnisse im Haus ihrer Bekannten auf dem Laufenden hält. Ob auch darüber ein Buch erscheinen wird, steht noch nicht fest. Wolfgang Müller

Sonya Fitzpatrick: „Was mir die Tiere erzählen – Spirituelle Verbindungen zwischen Mensch und Tier“. Kosmos Verlag, Stuttgart 1998, 207 Seiten, 29,90 DM

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