■ Buchtip: Die letzten Orte
Abchasien im Sommer 1994. Das Land hat sich soeben zur Freien Republik erklärt, es wird von einer Gruppe von Historikern des „Instituts für abchasische Sprache, Literatur und Geschichte“ regiert, die Zustände sind chaotisch.
Hierher verschlägt es einen Reporter, der gekommen ist, nach den Spuren der kaukasischen Schneemenschen zu forschen. Die Schneemenschen findet er vorerst nicht, dafür aber andere, bemerkenswerte Gestalten. Zum Beispiel Stanislas Jakoba, dessen Großvater erster Präsident Abchasiens war (während dessen früherer Unabhängigkeit) und im Jahre 1936 von seinem eigenen Polizeichef Berija vergiftet wurde.
Stanislas selbst verbrachte seine Kindheit in einem stacheldrahtumzäunten Gelände namens „Institut A“, wo sein Vater deutsche Barone chauffieren mußte. Die waren Mitglieder einer Forschergruppe, die Stalin im August 1945 nach Abchasien hatte transportieren lassen, um für ihn auch solche Bomben zu bauen, wie sie die Amerikaner gerade auf Hiroshima abgeworfen hatten.
Solche Leute trifft Alexander Smoltczyk auf seiner „Reise nach Abchasien“, weil er an der aktuellen Situation im Lande nicht weniger interessiert ist als an der Suche nach den Schneemenschen. Heraus kommt dabei ein vielseitiges Porträt der abchasischen Realität im Jahre eins der Unabhängigkeit – und einen echten Schneemenschen findet er zum Schluß auch noch.
Die „Reise nach Abchasien“ ist eine von fünfzehn Reportagen von Alexander Smoltczyk, die jetzt als Sammelband erschienen sind. Wer etwas über die anderen Reportagen wissen will von Neuköllner Edeka-Märkten bis zu serbischen Freilufttheatern möge sich das Buch kaufen. Es lohnt sich. Martin Hager
Alexander Smoltczyk: „Der Wald ohne Schatten. Auf der Suche nach letzten Orten dieser Welt“, Ch. Links Verlag, Berlin 1996, 204 S., 29,80 DM
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen