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■ BuchtipSinti und Roma

Die 10 Millionen europäischen Sinti und Roma werden erdrückt von den Vorurteilen, die ihnen entgegengebracht werden: vagabundierende Großfamilien in bunten Lumpen und mit schmutzigen Kindern auf dem Arm. Sie sind isoliert, sozial und kulturell. Die Reihe „Interface“ will diese Isolation etwas aufbrechen. Mit den schmalen Interface-Heftchen sollen Schulen, Verwaltungen, Bildungsministerien erreicht werden, um das Bewußtsein für diese wohl am meisten mißverstandene Kultur Europas zu schärfen. Die Bücher gibt es bereits seit zehn Jahren in Großbritannien, Frankreich, Italien, Spanien, Griechenland, Rumänien und Bulgarien – herausgegeben von dem Zigeuner-Forschungszentrum an der Pariser Universität Descartes. 13 Bücher sind es damit in ganz Europa.

„Die Europäische Kommission gesteht uns dieselben Mittel zu wie noch vor 10 Jahren“, erklärt Jean-Pierre Liégeois von der Universität Descartes. „Trotzdem reicht das Geld hinten und vorne nicht.“ Und dabei brauchen gerade die Bildungssysteme in den osteuropäischen Ländern dringend Informationsmaterial über Sinti und Roma, das von jedem – auch ohne wissenschaftliche Bildung – verstanden wird.

So machte die Europäische Kommission 1990 einen Vorstoß, als sie ein Lehrbuch für Romanas – die Sprache der Sinti und Roma, dem Hindi sehr ähnlich – von „Interface“ abkaufte und an albanische Schulen verteilte. Von dort kam zwar Dankbarkeit, aber keine funktionierenden Strukturen, um diese Reihe fortzuführen. In Deutschland ist es die Berliner Edition Parabolis, die dem kleinen, aber feinen Institut für Vergleichende Sozialforschung angeschlossen ist.

Raiko Djuric, der ehemalige Chefredakteur des jugoslawischen Massenblattes Politika, ist seit seiner Emigration aus dem zerschossenen Land 1991 Vorsitzender der Internationalen Romani- Union. „Wer sich um unsere Geschichte kümmert, könnte sicher auch unser bitteres Schicksal verstehen“, sagt er und meint den jahrelangen Kampf um Emanzipation der Sinti und Roma. Die Interface-Reihe ist eine Hoffnung für ihn, denn „nur Wissen schützt vor Vorurteilen“. Also sind diese Bücher eine kleine publizistische Revolution? Der erste Blickkontakt ist negativ. Das Layout hat den Charme einer Gymnasialzeitung, aber dies scheint für soziologische Reihen geradezu ein Schicksal zu sein. Hat man dieses ästhetische Abwehrmanöver überstanden, liest man in Büchern sehr verschiedener Qualität. Vladimir Balzer

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