Buchpreis für Tonio Schachinger: „Feinsinnige Ironie“
Der Deutsche Buchpreis 2023 geht an Tonio Schachinger. Sein Roman „Echtzeitalter“ erzählt die Geschichte eines Gymnasiasten im Wiener Eliteinternat.
Der Coming-of-Age-Roman „Echtzeitalter“ (Rowohlt Verlag) erzählt die Geschichte des Gymnasiasten Till, der ein Wiener Eliteinternat besucht. Es geht um den Zerfall der Familie, um Freundschaften, die erste Liebe. Und es geht ums Gaming, denn die Pubertät von Till spielt sich zu großen Teilen im Netz ab.
„Auf den ersten Blick ist Tonio Schachingers,Echtzeitalter' ein Schulroman. Auf den zweiten viel mehr als das: ein Gesellschaftsroman“, heißt es in der Begründung der Jury. „Mit feinsinniger Ironie spiegelt Schachinger die politischen und sozialen Verhältnisse der Gegenwart: Aus gebildeten Zöglingen spricht die rohe Gewalt. Die Welt der Computerspiele bietet einen Ort der Fantasie und Freiheit“, heißt es weiter in der Begründung. Auf erzählerisch herausragende und zeitgemäße Weise verhandle der Text die Frage nach dem gesellschaftlichen Ort der Literatur.
Schachinger wurde 1992 im indischen Neu-Delhi geboren, studierte Germanistik und Sprachkunst in Wien und lebt dort heute. Neben ihm standen in der Endrunde noch Terézia Mora („Muna oder Die Hälfte des Lebens“), Necati Öziri („Vatermal“), Anne Rabe („Die Möglichkeit von Glück“), Sylvie Schenk („Maman“) sowie Ulrike Sterblich („Drifter“).
In diesem Jahr waren insgesamt 196 Romane von 113 deutschsprachigen Verlagen im Rennen. Im August gab die siebenköpfige Jury dann ihre Vorauswahl, die 20 Titel umfassende Longlist bekannt, im September folgte die Shortlist mit den sechs Finalisten.
Eine der wichtigsten Auszeichnungen der Branche
Der Deutsche Buchpreis gilt als eine der wichtigsten Auszeichnungen der Branche und wird seit 2005 verliehen. Der Preis ist mit insgesamt 37.500 Euro dotiert: Der Sieger erhält 25.000 Euro, die übrigen Autoren der Shortlist jeweils 2.500 Euro.
Vergeben wird der Buchpreis von der Stiftung Buchkultur und Leseförderung des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels. Im vergangenen Jahr hatten 124 Verlage 202 Werke eingereicht. Der Preis ging dann an Kim de l'Horizon für den Roman „Blutbuch“.
Die Jury des Deutschen Buchpreises wird jedes Jahr neu bestimmt. In diesem Jahr gehörten ihr an die Journalistin Shila Behjat, der Frankfurter Literaturprofessor Heinz Drügh, die FAZ-Redakteurin Melanie Mühl, die Buchhändlerin Lisa Schumacher, als Vorsitzende der Jury die Literaturkritikerin Katharina Teutsch, der Buchhändler und Buchblogger Florian Valerius sowie Matthias Weichelt, Chefredakteur der Zeitschrift Sinn und Form.
Die Verleihung des Deutschen Buchpreises gilt als Auftakt der Frankfurter Buchmesse, die offiziell am 17. Oktober eröffnet wird, diesjähriges Gastland ist Slowenien, das, gemessen an seiner Einwohnerzahl von 2 Millionen Menschen, eine beachtliche Anzahl von Autorinnen und Autoren hat.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
Scholz und Pistorius
Journalismus oder Pferdewette?