piwik no script img

Buch über „Rumble in the Jungle“Wir schlagen die Welt

„Ali vs. Foreman. 50 Jahre“ ist ein Text-Bild-Band zu einem globalen Box-Ereignis. Er zeigt die Größe des Sports.

Muhammad Ali hat am 30. Oktober 1974 in Kinshasa/Zaire den als überlegen geltenden George Foreman in der 8. Runde k.o. geschlagen Foto: ap

Bertram Job beginnt mit dem Zweifel. Warum akzeptiert die Öffentlichkeit, dass jeder skrupellose Boxpromoter einen „Kampf des Jahrhunderts“ ausruft?

Die Frage ist schon deswegen berechtigt, weil der Sportjournalist, der sporadisch auch für diese Zeitung schreibt, einen Kampf würdigt, der wohl wirklich ein „Kampf des Jahrhunderts“ war, den „Rumble in the Jungle“ vor 50 Jahren. Muhammad Ali traf in Zaire, der heutigen Demokratischen Republik Kongo, auf den hochfavorisierten Schwergewichtsweltmeister George Foreman.

Das Buch

Bertram Job: „Ali vs. Foreman. 50 Jahre“. Verlag Die Werkstatt, Bielefeld 2024, 194 Seiten, 49,90 Euro

Der Kampf war ein modernes Weltereignis, das nicht nur ­Zaire und seinen Diktator Mobutu ins Bewusstsein der Weltöffentlichkeit katapultierte, sondern eigentlich alle Gesellschaften, die man als „Dritte Welt“ oder „Trikont“ titulierte.

Job konzentriert sich in dem Buch zu Recht auf dieses große Ereignis, das da rund um den 30. Oktober 1974 stattfand. Er ist zudem grandios bebildert, und weil das Buch großformatig ist, wirken die Fotos noch mehr. Und, was bei aller Verehrung von Muhammad Ali über die Jahre immer mehr vergessen wird, Job hebt respektvoll die Leistung George Foremans hervor, denn ohne dessen Weltklasse wäre dieser Rumble nie im kollektiven Weltgedächtnis gelandet.

Der Mythos, Ali sei unterlegen gewesen, wird widerlegt: Er lag auf den Wertungszetteln aller Punktrichter vorne.

Apropos Weltgedächtnis. Das gilt es nämlich oft zu korrigieren. Job rekonstruiert mit Auszügen aus dem Originalkommentar des TV-Senders HBO und mit aussagefähigen Fotos Runde für Runde. Zu den Mythen, die er widerlegt, gehört etwa, dass Ali unterlegen gewesen sei und einen Zufalls-K.-o. setzten musste. In Wirklichkeit lag er auf den Wertungszetteln aller Punktrichter vorne.

Mythen zerschlagen!

Auch den Mythos des „Rope-a-dope“, also Alis Taktik, sich in die Seile fallen zu lassen und so Foremans Schlägen die Wirkung zu nehmen, versucht Job zu entlarven: diese Taktik habe vor ihm schon Archie Moore angewandt, der Ali früher trainierte und in Zaire zu Foremans Betreuerstab gehörte.

Und dies noch: Dieser WM-Kampf wurde im Vorfeld als alles Mögliche präsentiert, aber nie als „Kampf des Jahrhunderts“. So hatten Promoter drei Jahre zuvor den von Joe Frazier gewonnenen WM-Kampf Alis genannt. Der Rumble wurde es hingegen erst im Nachhinein, nicht vorab als PR.

Bertram Job ist mit diesem Bildband zum 50. Jahrestag dieses großen Kampfes Schwieriges gelungen: Er würdigt hier ein Weltereignis und zugleich gelingt es ihm, dieses Event zu erden, statt es zu überhöhen. Sein Buch steht in einer Reihe mit Norman Mailers „The Fight“, das vor zwei Jahren im Taschen-Verlag gleichfalls in einer opulent bebilderten Ausgabe herauskam.

Bleibt die Frage, wann ein Boxabend zum „Kampf des Jahrhunderts“ wird. Ein paar Antworten lassen sich aus Jobs Buch destillieren: Bestimmt ist er es nicht, wenn er vorher so gelabelt wird. Er kann es nur sein, wenn er von der Welt­öffentlichkeit wahrgenommen wird. Und er muss politische und gesellschaftliche Verhältnisse nicht nur spiegeln, sondern selbst prägend auf sie einwirken.

So gesehen ist die Vorstellung, es dürfe nur einen Kampf des Jahrhunderts geben, der irgendwann zwischen 1900 und 1999 stattfand, ziemlich unsinnig. Der Rumble in the Jungle steht in einer Reihe mit Jack Johnsons Siegen 1908 und 1910 über Tommy Burns und Jack Jeffries, mit Joe Louis’ Sieg über Max Schmeling 1938 und auch mit Alis eigenem Sieg 1975 über Joe Frazier. Alles große Kämpfe des 20. Jahrhunderts.

Kurz: Der Rumble in the ­Jungle war ein politisches Weltereignis, das die Menschheit dem Boxen zu verdanken hat. Und dazu gibt es jetzt ein wirklich gutes Buch.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!