Buch "Arm durch Arbeit": Mit Fleiß ins Elend

Das Buch "Arm durch Arbeit", recherchiert im Wallraff-Stil, erzählt von "ganz unten" - aus der Hartz-IV-Perspektive

"Ganz unten" - Hilfsarbeiter bei der Spargelernte Bild: dpa

Eine erfolgreiche Sozialgesetzgebung gesteht Markus Breitscheidel der rot-grünen Bundesregierung durchaus zu: das Pfand für Dosen und Einwegflaschen. Im Müll fischend besserte auch er sich als probehalber Hartz-IV-Empfänger sein Budget auf. Einziges Problem: Revierkämpfe. Die Mülleimer in den Städten sind schon aufgeteilt.

Menschen zweiter Klasse - noch seien es in Deutschland nur sieben Millionen. Doch immer mehr, die Vollzeit arbeiten, müssten sich auf eine Zukunftsperspektive einstellen: Armut - jetzt und im Alter. Die Gesetzgebung der Agenda 2010 helfe der Regierung zwar, sinkende Arbeitslosigkeit zu verkünden, doch noch mehr profitiere eine Branche: die Leih- und Zeitarbeitsfirmen, die "Menschenhändler". Die Praxis des Ausleihens von Menschen an Betriebe spalte deren Belegschaften, weil sich die Leiharbeiter mit der Hälfte eines Facharbeiterlohns zufriedengeben müssen, Ausgrenzung bestimme das Betriebsklima: Die noch tariflich angestellten Kollegen sehen in den Kurzzeitkollegen die Propheten ihrer eigenen Zukunft. Allgemein greife die Angst um sich, nage am Selbstbewusstsein und ersticke damit jeden Funken an Widerstand. Dabei sei die Solidarität gegen den eigenen, sie ausnutzenden Arbeitgeber der Weg, diese Entwicklung zu stoppen.

Markus Breitscheidel hat die Stimmung selbst erspürt: Er arbeitete als Leiharbeiter bei Opel und Bayer/Schering, er pflückte Erdbeeren für gerade mal 2,50 Euro die Stunde.

Sein Vorbild Günter Wallraff schrieb ihm das Vorwort, sein Vorbild stellte ihn jetzt auch persönlich den am Ende teils sich "erschüttert" gebenden Zuhörern und Journalisten in Berlin vor, und beide sehen möglichen Klagen der angeprangerten "Menschenhändler"-Firmen und Konzerne "gelassen" entgegen. Je mehr Aufmerksamkeit, desto besser.

Breitscheidels aktuelles Werk "Arm durch Arbeit - ein Undercover-Bericht" scheint den Nerv zu treffen: Frank Plasberg hat ihn für seine heutige Sendung ("Mit Fleiß ins Elend - wer stoppt Jobs, die arm machen?") schon an seine Gästetheke geladen, am Montag sendet das Erste um 21 Uhr eine Dokumentation über Breitscheidels "heimliches Leben in deutschen Fabriken".

Nach seinen Enthüllungen über den Pflegenotstand in deutschen Altenheimen wollte der studierte Wirtschaftswissenschaftler nun herausfinden: Was für ein Leben erwartet jene, die in Hartz IV abrutschen, wer profitiert von ihren Niederlagen?

Breitscheidel selbst outete sich überraschend als Anhänger und Verfechter der Sozialen Marktwirtschaft - und zeigte sich gerade deshalb an deren Rettung interessiert, wozu er zwei Forderungen erhob: Ein gesetzlicher Mindestlohn von 8,90 Euro und "gleicher Lohn für gleiche Arbeit".

Comments

[Herzensbotschafter]

Hallo,

 

wurden wurden von einer Leihfirma des Nachts kurzerhand eine Tätigkeit in einem Fleischentsorgungsbetrieb in Meschede angeboten. Das war in August. Das betone ich deswegen, weil ich leider aufgrund der übelriechenden Abfälle vor der Firma brechen musste. Der stellvertretende Leiter der Firma kam heraus und lachte. Ich lehnte kurzerhand das Stellenangebot in Meschede ab. Daraufhin bekam ich großen Ärger mit meinem Fallmanager, der von der Firma angerufen wurde daraufhin. Nur mit Hilfe eines Anwalts konnte ich einer Sperrung meines Arbeitslosengeldes entgehen.

 

Ein anderes Jobangebot war die Tätigkeit eines Steinbruchhelfers in Warstein. Ich bin wahrlich kein schüchterner Mensch, aber ich hatte einfach Angst vor Sprengungen. Ich lehnte dieses 4,50 Nettoangebot ab. Ein paar Wochen hörte ich dann in der Presse, dass es einen schweren Vorfall in der Stadt gab. Es regnete Steine vom Himmel. Auch hier verhalf mir ein Anwalt aus der schlechten Situation.

 

Ich könnte viele Erfahrungen hier aufführen, aber dann käme ich nicht mehr aus dem Schreiben raus. Deshalb belasse ich es erstmal mit diesen beiden Beispielen einer Paderborner Zeitarbeitsfirma. Eine Zukunft hat meiner Ansicht auch niemand als Leiharbeiteter, dazu sind die Verhältnisse und auch die vertraglichen Bedingungen zu schlecht. Man ist ein Mensch zweiter Klasse.

 

Mit freundlichen Grüßen

 

Herzensbotschafter

[T. Schwarz]

Die Berichterstattung (Buch/Film) von M. Breitscheidel ist einseitig, unausgewogen und spiegelt nur einen Bruchteil der wirklichen Verhältnisse von Zeitarbeitnehmern wieder. In mehr als 1 Jahr, bei gerade mal 2 Entleihbetrieben eingesetzt, kann kein realistisches Bild gezeichnet werden. Herr Breitscheidel läßt sich auf "Bild-Zeitungs-Niveau" herab, um sein Buch zu verkaufen. Die Zeitarbeitsbranche hat vielen zu einm Job verholfen, die sonst niemals, aufgrund ihrer schwachen Qualifikation, Arbeit gefunden hätten.