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Bruno Retailleau neuer Républicains-ChefRechts und stolz darauf

Frankreichs Konservative haben einen neuen Vorsitzenden. Bruno Retailleau ist katholisch, konservativ und rhetorisch nah am Rassemblement National.

Auftritt neuer Républicains-Chef: Bruno Retailleau, Innenminister im Kabinett Macron Foto: Stephanie Lecocq/reuters

Mit der Wahl von Bruno Retailleau hat Frankreichs konservative Partei Les Républicains (LR) einen neuen Vorsitzenden. Er hat seinen Konkurrenten Laurent Wauquiez in der Gunst der Parteibasis mit 75 zu 25 Prozent der elektronisch abgegebenen Stimmen klar ausgestochen.

Da die beiden letztlich ein inhaltlich sehr ähnliches Programm vorgelegt hatten, ging es bei der Wahl mehr um die Person, aber auch um strategische Differenzen, vor allem hinsichtlich der Frage der Regierungsbeteiligung. Wauquiez befürchtet, dass durch LR-Mitglieder wie Retailleau die Eigenständigkeit der konservativen Partei verloren gehen und die politische Identität verwässert und „macronisiert“ werden könnte.

Retailleau wertet das deutliche Votum seiner Par­tei­kol­le­g*in­nen im Gegenteil als breite Zustimmung zu seiner gegenwärtigen Tätigkeit als Innenminister, aber auch – und warum nicht? – als Ermunterung für seine unverhohlen vorgetragenen Wünsche, 2027 bei den Präsidentschaftswahlen als Kandidat der konservativen Rechten antreten zu können. Das ist noch etwas verfrüht, er hat noch viele Rivalen von rechts, die ihm den Anspruch mit derselben Methode streitig machen wollen: Ex-Premierminister Edouard Philippe, Justizminister Gérald Darmanin, Ex-Minister Xavier Bertrand, um nur drei zu nennen.

Der neue LR-Parteichef nimmt die Karriere von Nicolas Sarkozy zum Vorbild, der als Innenminister unter Jacques Chirac in der rechten Wählerschaft populär wurde, um hernach den Parteivorsitz und das höchste Amt als Staatspräsident zu erobern. Auch eine Mehrheit der Prominenten der heutigen konservativen Partei, die sich für Retailleau ausgesprochen hatten, setzt offenbar darauf, dass sich die Geschichte nach dem Vorbild von Sarkozy wiederholen könnte. Sie feiern es, dass diese bürgerliche Rechte „wieder da“ sei. Eingeklemmt zwischen Marine Le Pens Rechtspopulismus und der politisch kannibalistischen Mitte von Emmanuel Macron, war diese konservative Partei schon um ein Haar von der Bühne verschwunden.

Gegen den „Wokeismus“

Der heute 64-jährige Bruno Retailleau begann seine Karriere in der westfranzösischen Vendée, als Fan des Nationalisten Philippe de Villiers und Mitglied von dessen Mouvement pour la France, bis zu seinem Übertritt in die Partei von Sarkozy 2010. Er verkörperte als Abgeordneter und danach im Senat als Fraktionschef der Konservativen den rechten Flügel der Partei.

Im Unterschied zu seinem Vorgänger, Ex-Parteichef Eric Ciotti, der sich 2024 mit Le Pens Rassemblement National (RN) zusammengeschlossen hatte, schließt er Wahlallianzen mit der extremen Rechten (bisher) aus. Was ihn aber nicht daran hindert, als Innenminister zur Illustration seiner Entschlossenheit in der Ordnungs- und Migrationspolitik Vorschläge oder rhetorische Elemente aus der RN-Propaganda zu übernehmen.

Es verwundert darum nicht, dass er in seiner Kampagne für den Parteivorsitz die offenkundige Unterstützung durch die Medien des Milliardärs Vincent Bolloré erhielt, der es besonders schätzt, dass sich Retailleau in Gesellschaftsdebatten auf die Werte eines katholischen Traditionalismus beruft. Er war gegen die Legalisierung der „Homoehe“ und votierte auch gegen die Verankerung des Rechts auf Abtreibung in der Verfassung. Und Retailleau wähnt die „Wurzeln des Übels in der 68er-Ideologie“, die er als „Wokeismus“ bekämpft. In seiner Kampagne bezeichnete er sich als Konservativer, der „stolz darauf ist, ein Rechter zu sein“.

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