piwik no script img

Brüste auf FacebookJetzt kommen die Stillfies

Die Müttergemeinde protestierte seit Jahren gegen das Verbot von Stillfotos auf Facebook. Jetzt sind sie endlich erlaubt.

Ganz natürlich. Bild: dpa

Nach Selfies und Belfies gibt es nun auch Stillfies. Endlich Omnipräsenz von nackten Brüsten bei Facebook – zum Wohle des Kindes natürlich. Bisher wurden Bilder von stillenden Müttern vom sozialen Netzwerk gesperrt. Mit der Begründung sie würden gegen die Regeln der Seite verstoßen. Doch nach jahrelangen Protesten entschied Facebook nun, dass „Stillen natürlich ist“ und dass es gut sei „wenn Mütter ihre Erfahrung auf der Seite teilen“.

Facebook bestätigte gegenüber der Huffington Post künftig Bilder von stillenden Müttern zu erlauben. Selbst wenn diese komplett entblößt sind. Es ist ein Sieg für die Mütter weltweit. Ihre Argumentationsgrundlage basierte darauf, dass ein Foto, welches eine Frau zeige, die ihr Kind mit einer Flasche füttert, auch nicht verboten werden würde. Stillen sei eben eine natürliche Sache.

Zuletzt war Facebook noch der Meinung, solche Bilder seien obszön. Außerdem würde nur verboten werden, was von anderen Mitgliedern des Netzwerkes zuvor als störend gemeldet wurde. Immer wieder wurden von Seiten des sozialen Netzwerkes Bilder verboten, um dann wieder erlaubt zu werden. Dabei wurde Kritik laut, dass es nicht nachvollziehbar sei, nach welchen Kriterien entschieden wird, was bleiben darf und was gesperrt wird.

Freiheit für die Nippel

Weltweit Resonanz erfuhr in diesem Zusammenhang die „Free The Nipple-Kampagne“, die sich für das Entblößen von Nippeln im Internet und auf der Straße einsetzt. Die Kampagne fordert, dass sich jeder – geschlechtsunabhängig – oben ohne präsentieren darf.

Die Lobby der stillenden Mütter ist sich einig, dass sie von ihrem Grundrecht der öffentlichen Brustentblößung jederzeit Gebrauch machen darf. Völlig unabhängig davon, ob sich jemand durch diesen Anblick gestört fühlen könnte. So natürlich Stillen ist, so intim ist es auch. Eine besondere Zeit für Mutter und Kind. Und für Facebook.

Ist ein soziales Netzwerk tatsächlich der richtige Ort für so viel private Nacktheit? Schließlich ist Facebook ein Unternehmen, das für die Benutzung der Seite Regeln festlegt. Keiner wird gezwungen dort ein Konto zu eröffnen, wenn die Bedingungen nicht zu den eigenen Vorstellungen passen. Es gäbe alternativ auch die Option eines privaten Blogs, wo das „stillende Örtchen“ nur für Leute sichtbar wäre, die es auch sehen möchten. Sicherlich gibt es für ein ästhetisches Bild einer stillenden Mutter geeignetere Plattformen als Facebook.

Aber letztendlich sieht es so aus, als wäre die Debatte um das Stillen im Netz eine Grundsatzdiskussion über die paradoxe Prüderie unserer Gesellschaft, die nicht immer nachvollziehbar ist. Denn einerseits wird Facebook für die Gefährdung der Privatssphäre kritisiert, andererseits kann es einigen Nutzern nicht freizügig genug zugehen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

9 Kommentare

 / 
  • Die Autorin hat etwas gehörig missverstanden! Sie schreibt: "Es gäbe alternativ auch die Option eines privaten Blogs, wo das „stillende Örtchen“ nur für Leute sichtbar wäre, die es auch sehen möchten. Sicherlich gibt es für ein ästhetisches Bild einer stillenden Mutter geeignetere Plattformen als Facebook."

    Es geht doch darum, dass der Anblick einer stillenden Mutter in unserer Gesellschaft zur absoluten Normalität werden sollte, so normal, dass man absolut nichts Besonderes oder Beachtenswertes mehr daran findet. Genau wie ja auch nicht komisch, entgeistert oder betreten geguckt wird, wenn ein Kind draussen oder auf einem Foto mit einer Flasche ernährt wird. Obwohl genau das ja in Wirklichkeit das Unnormale ist. Stillen ist schlichtweg das Ernähren eines Säuglings, Punkt. Wenn jemand damit spontan etwas anderes assoziiert, wie Freizügigkeit, Sex oder auch Obszönität, ist das sein persönliches Ding bzw. Problem. Das darf aber nicht dazu führen, dass Kinder nicht mehr in der Öffentlichkeit ernährt werden dürfen oder dies nicht abgebildet werden darf.

    Hilfreich wäre es deshalb auch, wenn es babyfeeding statt breastfeeding heissen würde. You don´t feed a breast, you feed a baby.

    • @Juniper Mild:

      "Es geht doch darum, dass der Anblick einer stillenden Mutter in unserer Gesellschaft zur absoluten Normalität werden sollte, so normal, dass man absolut nichts Besonderes oder Beachtenswertes mehr daran findet."

       

      Genau darum sollte es gehen !

      Danke für ihren Kommentar.

  • Naja, scheint ja ne wichtige Sache zu sein. Mir ist ja eigentlich egal wer da wie seine Brüste ins Bild hält, aber ob man sein Kleinkind schon unbedingt auf Facebook präsentieren muss.... jeder wie er will.

  • 6G
    677 (Profil gelöscht)

    Gute Güte....

    Man staunt ja doch immer wieder, an welchen Fronten um Freiheit gerungen wird.....

  • Liebe Leute..., "Keiner wird gezwungen dort ein Konto zu eröffnen [...]" ist nun wirklich ein Nicht-Argument unter taz-Niveau. Allgemein angebotene Dienstleistungen (z.B. eine Disko) müssen sich völlig zu recht an gewisse grundsätzliche gesellschaftliche Spielregeln halten und stehen in ihrer Ausgestaltung nicht völlig im Belieben des Anbieters. Sonst wäre z.B. die Vorlage eines Arier-Ausweise am Eingang zum Supermarkt durchsetzbar, oder, näher an der Realität, das abweisen von Migranten an der Disko-Tür lediglich aufgrund ihres Migrationshintergrundes. Das kann niemand wollen, und das geht auch einfach nicht wg. Art 1 GG i.V. mit Art 2 und die damit verbundene Einschränkung der Geschäftstätigkeit ist durch Art. 14 begründet.

    Nun ist die Stillfie-Frage etwas anders gelagert, aber das Grundprinzip des gerade Dargelegten greift auch dort: Freiheitsrechte sind ein hohes Gut, das nicht ohne triftige Gründe eingeschränkt werden darf. Dies gilt umso mehr, wenn die Freiheiten emanzipatorischen Charakter haben (ergibt sich wieder aus Art. 1,2,3,20 GG), was hier gleich doppelt im sexualethischen und feministischen Sinne zutrifft.

    Also "man muss ja nicht mitmachen" ist kein Argument!

    • @Arno Birner:

      Hier muss ich meinen Senf zugeben.

      Ich finde schon, dass der Umstand, dass niemand zur Nutzung von Facebook gezwungen ist, ein brauchbares Argument darstellt. Es geht eben gar nicht um die Regelungen von Facebook selbst, sondern darum, dass jeder die Möglichkeit hat, sich im Netz frei auszudrücken - und darum ein Protest gegen Facebook überflüssig ist.

       

      Ich weiss nicht, ob sie auch Jurist sind, aber Facebook Grundrechtsverletzungen vorzuwerfen, geht an der Sache meiner Ansicht nach weit vorbei. Facebook steht es völlig frei, jede Form der Meinungsäußerung zu verbieten. Sie könnten Fotos von Rothaarigen ausschließen und niemand könnte aus den Grundrechten etwas dagegen tun. (Ich muss leider leicht technisch werden) Die mittelbare Drittwirkung findet in dieser Rechtsbeziehung keine Anwendung, weil es hier eben nicht - einfach gesprochen - um besonders wichtige Rechte geht, die nur Facebook erfüllen könnte, oder die sich aus einem gegenseitigen Abhängigkeitsverhältnis ergäben. Wie gesagt, selbst wenn es ein besonderes Recht auf absolut freie Selbstdarstellung im Netz gäbe, müsste Facebook dies nicht gewährleisten, weil es auch anders möglich wäre.

       

      Ich persönlich finde, dass das Mehr an Freiheit hier im Ergebnis ein Rückschritt ist. Im Regelfall haben diese Bilder nämlich keinen wirklichen ästhetischen Wert. Viel mehr dienen sie einem niederen Drang zur Selbstdarstellung. Ich hielte es für progressiver, gerade in Bezug auf Kinder sich beider Definition einer Person auf die Persönlichkeit zu konzentrieren und nicht von Anfang an auf dessen äußerliche Darstellung. - Sprich falls ich mal Kinder haben sollte, werde ich mit ihnen reden und nur ganz wenige Fotos machen, ob es den Großeltern gefällt oder nicht.

  • "(...) Bilder von stillenden Müttern zu erlauben. Selbst wenn diese komplett entblößt sind."

    Damit ist vermutlich nicht gemeint, was gesagt ist, nämlich das die Mütter komplett entblößt sind?!