Brown zu Lockerbie: Angeblich kein Deal mit Gaddafi
Großbritanniens Premier Brown weist Spekulationen über die Freilassung des mutmaßlichen Lockerbie-Attentäters zurück. Doch so entschlossen er sich auch gibt, es bleiben Fragen offen.
DUBLIN taz | Der britische Premierminister Gordon Brown hat sich erstmals zur Freilassung des angeblichen Lockerbie-Bombers Abdelbaset al-Megrahi geäußert. "Ich respektiere sowohl das Recht der schottischen Minister, diese Entscheidung zu treffen, als auch die Entscheidung, die sie getroffen haben", sagte Brown Mittwochnachmittag auf einer Pressekonferenz in Birmingham.
"Es gab keine Verschwörung, keine Vertuschung, kein doppeltes Spiel, kein Geschäft mit Öl und weder einen Versuch, die schottischen Minister zu beeinflussen, noch ein privates Versprechen an Libyens Staatschef Gaddafi. Wir haben Libyen nie im Zweifel gelassen, dass es allein Sache der schottischen Regierung sei."
Brown war gezwungen, sein Schweigen zu dem Fall zu brechen, weil die schottische Regierung am Dienstagabend Dokumente veröffentlicht hatte, aus denen hervorgeht, dass sowohl Brown als auch sein Außenminister David Miliband im März gegenüber dem libyschen Minister für Europa, Abdulati Alobidi, erklärt haben, dass al-Megrahi nicht im Gefängnis sterben solle.
Der schottische Justizminister Kenny MacAskill von der Scottish National Party (SNP) hat al-Megrahi vor zwei Wochen freigelassen, weil bei dem 57-jährigen ehemaligen libyschen Geheimagenten Prostatakrebs im Endstadium diagnostiziert wurde.
Al-Megrahi war 2001 aufgrund dubioser Indizien für den Bombenanschlag auf eine Boeing 747 der US-Fluggesellschaft Pan Am kurz vor Weihnachten 1988 zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt worden. Bei dem Attentat starben 270 Menschen. Die USA haben auf al-Megrahis Freilassung mit scharfen Protesten reagiert.
Sowohl Präsident Barack Obama als auch Außenministerin Hillary Clinton bezeichneten MacAskills Entscheidung als "absolut falsch". Browns bisheriges Schweigen gab Vermutungen Auftrieb, dass al-Megrahis Freilassung in Zusammenhang mit einem lukrativen Ölgeschäft stehe, dass BP mit Libyen abgeschlossen hat.
Großbritannien und Libyen haben im Frühjahr vereinbart, dass verurteilte Gefangene ihre Strafe im jeweiligen Heimatland absitzen dürfen. Die schottische Regierung hatte vergeblich versucht, al-Megrahi von diesem Abkommen auszuschließen.
Vorige Woche wurde bekannt, dass Justizminister Jack Straw bereits im Februar 2008 an den schottischen Premier Alex Salmond schrieb, Libyen sei "ein wichtiger Partner im Kampf gegen den Terrorismus und gegen illegale Einwanderung geworden". Die Protokolle der Treffen des Expremiers Tony Blair mit Gaddafi in den Jahren 2004 und 2007, die den Weg für das Abkommen ebneten, bleiben unter Verschluss.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Geschasste UN-Sonderberaterin
Sie weigerte sich, Israel „Genozid“ vorzuwerfen
Prognose zu Zielen für Verkehrswende
2030 werden vier Millionen E-Autos fehlen
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Partei stellt Wahlprogramm vor
Linke will Lebenshaltungskosten für viele senken
Vertrauensfrage von Scholz
Der AfD ist nicht zu trauen