Britische und US-Spitzeleien: Mit „Quantum Insert“ in Firmennetze
John McCain rät US-Präsident Obama in der Abhöraffäre zu einer Entschuldigung bei Merkel. Der „Spiegel“ berichtet, auch das Netzwerk LinkedIn sei manipuliert worden.
BERLIN/HAMBURG dpa/afp | Der einflussreiche republikanische Senator John McCain hat das Verhalten von US-Präsident Barack Obama in der Abhör-Affäre um Bundeskanzlerin Angela Merkel kritisiert. „Gemessen daran, wie wütend Angela Merkel war, hätte der Präsident sich entschuldigen müssen“, sagte der frühere Präsidentschaftskandidat dem Nachrichtenmagazin Der Spiegel.
In einem Fall wie dem Ausspähen von Merkels Handy trage letztlich immer der Präsident die Verantwortung. „Es ist denkbar, dass er davon nichts wusste. Aber Tatsache ist, er hätte davon wissen müssen.“
Nach Berichten des früheren Geheimdienstmitarbeiters Edward Snowden soll der Geheimdienst NSA seit 2002 ein Handy Merkels abgehört haben. Unmittelbar nach Bekanntwerden der Vorwürfe hatten Obama und Merkel miteinander telefoniert.
US-Außenminister John Kerry kündigte eine schnelle Aufarbeitung des Falls an. Die US-Regierung lässt allerdings weiter offen, ob die Vorwürfe stimmen.
Seiten des Business-Onlinenetzwerks LinkedIn manipuliert
Außerdem berichtet Der Spiegel, der britische Geheimdienst GCHQ nutze manipulierte Kopien von Seiten des Business-Onlinenetzwerks LinkedIn, um sich Zugang zu den Rechnern von Zielpersonen zu verschaffen. Auf diese Weise habe der Geheimdienst etwa die Computer von Mitarbeitern des halbstaatlichen belgischen Telekommunikationskonzerns Belgacom infiltiert.
Laut dem Vorabbericht attackierte der britische Geheimdienst gezielt die Rechnersysteme von Unternehmen, die im internationalen Mobilfunkgeschäft als Dienstleister für andere Anbieter fungieren – etwa Abrechnungsunternehmen wie Mach, über die viele Mobilfunkanbieter ihre Roaminggeschäfte abwickeln.
Für seine Attacken habe das GCHQ eine Methode namens „Quantum Insert“ genutzt, um sich tief in die Firmennetze vorzuarbeiten. Der Geheimdienst habe sich so Detailwissen über das Unternehmen Mach, seine Kommunikationsinfrastruktur, sein Geschäft und diverse Schlüsselpersonen verschafft, heißt es laut SpiegeL in einem als „streng geheim“ eingestuften GCHQ-Papier.
LinkedIn erklärte, das Unternehmen billige es nicht, wenn seine „Plattform oder falsche LinkedIn-Profile wie beschrieben eingesetzt werden“. „Um es klar zu sagen: Wir würden eine derartige Aktivität niemals gutheißen, unabhängig welchem Zweck sie dient, und wurden über die angebliche Aktivität auch nicht unterrichtet.“ Ein Sprecher von Starhome Mach, einem Mach-Nachfolgeunternehmen, sagte dem Magazin, es werde „mit sofortiger Wirkung eine umfassende Sicherheitsüberprüfung“ gestartet.
Die Organisation Erdöl exportierender Länder OPEC mit Hauptsitz in Wien ist dem Bericht zufolge gleich doppelt im Visier: Sowohl das GCHQ als auch die NSA führten sie als Aufklärungsziel. Laut einem Geheimpapier des GCHQ sei es im Jahr 2010 mittels der „Quantum Insert“-Methode gelungen, die Computer von neun OPEC-Angestellten zu infiltrieren. Der NSA gelang es laut US-Dokumenten sogar, bis in den Arbeitsbereich des OPEC-Generalsekretärs vorzudringen, zudem hätten NSA-Mitarbeiter den saudiarabischen OPEC-Gouverneur ausgespäht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!